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Höllenhund. Schlagersänger Matthias Reim ist raus aus den Schulden und meldet sich gleich mehrfach als Künstler zurück.

© dapd

Schlager: Verdammt viel Glück gehabt

Alles neu bei Schlagersänger und Rekordpleitier Matthias Reim: Neues Album, neues Buch, neue Tournee – und ein neues Leben, sagt er.

Einmal Hölle und zurück – so was sengt ganz schön an. Verwittert ist er, der Matthias Reim. Und nach Rauch riecht er, ein Mann ohne Laster ist schließlich keiner. Das mit der Hölle steht hinten auf seiner frisch erschienenen Biografie, die der Schlagersänger gestern bei Bertelsmann Unter den Linden vorgestellt hat. Ein freudestrahlender Mann, der so spillerig ist, dass ihm sein Konfirmationsanzug immer noch passt: 53 Jahre alt, Röhrenjeans, Chucks, Strähnchen, Silberkette und ein Künstlerleben wie auf der Achterbahn.

So wie es die Leute lieben: erst ganz oben, dann ganz unten, jetzt wieder da. Ein Dreifach-Comeback mit dem Buch „Verdammt, ich leb noch“, das erst eine Woche raus ist und schon auf Platz 28 der Bestsellerliste, dem neuen Album „Sieben Leben“, das sofort auf Platz fünf der Charts sauste, und der Konzerttournee, die nach einem bereits ausverkauften Probe-Gig im Februar in Brandenburg im Kulturhaus Ludwigsfelde dann im April nach Berlin ins Tempodrom kommt.

Seitdem Reim seine Schulden los ist, komponiere er besser als je zuvor, lobt sein Manager Dieter Weidenfeld. Die graue Eminenz des deutschen Künstlermanagements, die außer Reim auch Howard Carpendale und Peter Kraus groß gemacht hat, steht im schwarzen Anzug neben seinem alten und neuen Star und rückt die eine oder andere Äußerung gerade. Reims Buch hat er geschrieben, „aber es war leicht, weil Matthias mir sein Leben so selbstironisch erzählt hat“. Weidenfeld ist inzwischen 80, schon ein paar Tage im Showgeschäft und weiß verdammt genau, das nichts so sexy ist wie ein Stehaufmännchen. Besonders eines, das von Geld, Ruhm, Ibiza, drei Ehefrauen und Freundinnen wie Michelle und anderen prominenten Musikern erzählen kann. Auf schlanken 140 bisschen selbstkritischen, bisschen auf dicke Hose machenden kurzweiligen Seiten.

Angefangen hat der Höhenflug des Schuldirektorensohns und ewigen Göttinger Studenten Matthias Reim 1990 mit „Verdammt, ich lieb dich“, dem erfolgreichsten deutschen Song der Neunziger. 16 Wochen Platz eins der Singlecharts, weltweit 2,5 Millionen mal verkauft. 2001 hört er auf, als Reim für sich selbst völlig überraschend in die Miesen rutscht. Da fliegt ihm sein Geschäftsimperium aus Computershops, Immobilien, Dachdeckerfirma und Wurstbude, das ein Freund und Manager für ihn verwaltete, um die Ohren.

„13 Millionen Euro Schulden – aua, das tat weh“, grinst er. Genauso wie die künstlerische Talsohle, die sich schon davor angedeutet hatte. „Ende der Neunziger vor zwölf Leuten in Dresden spielen – aua, das tat auch weh.“ Und dann die Taschenpfändung und die Häme, da hat der Reim viel mitgemacht. Ist inzwischen alles Schnee von gestern. „Ich bin endlich frei“, seufzt er am Beginn des „siebten seiner sieben Leben“ und breitet bühnentauglich die Arme aus. Ein Anwalt gab ihm auf Ibiza den Tipp, in die Privatinsolvenz zu gehen, es folgte jahrelanges Schuldenabzahlen und ein abschließender Bankenvergleich vor einigen Monaten.

Juristisch sei er verantwortlich gewesen, aber moralisch nicht, betont der Sonnyboy, „der nie wirklich verzweifelt war“, im Buch und im Gespräch bei jeder Gelegenheit. „Ich habe halt meinem Berater komplett vertraut.“ Nett allerdings, dass er dankbar dafür ist, dass er verdammt viel mehr Glück als jeder hat. Nicht nur, weil er frisch verliebt in die Finanzkrise ging. Nicht nur, weil Dieter Weidenfeld ihm treu blieb. Nicht nur, weil ihm der Insolvenzverwalter erlaubte, ein fettes Angebot fürs Dschungelcamp auszuschlagen. Und nicht nur, weil wenige Pleitiers mit Frau und Kindern in der eigenen Finca auf Mallorca leben. Sondern vor allem, weil ihm die sein Bruder, ein millionenschwerer Banker, gekauft hat, der auch die letzte halbe Million seiner Schulden tilgte.

Auch wenn es für Reim, der beim Berlin-Besuch pflichtschuldig für Hertha BSC und Konradshöhe schwärmt, wo er Ende der Neunziger mal gewohnt hat, jetzt wieder steil bergauf geht, sind Geldanlagen kein Thema mehr. „Ich zahle ja bis auf weiteres meinem Bruder Kredit und Haus ab.“ Selbst zahlen ist ihm wichtig, Kohle vom Staat geht gar nicht. Ein Mann verdient selbst sein Geld. Das hat er früher auch schon Michelle gesagt. Viel braucht Matze, wie ihn die Kumpels nennen, auf Malle zum froh sein nicht: ein Glas Bier, Familie und Salamibrot.

„Verdammt, ich leb noch“ ist für 14,99 Euro im Südwest-Verlag erschienen, das Album „Sieben Leben“ bei EMI. Am 29. April tritt er in Berlin im Tempodrom auf.

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