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Berlin: Schönbohm blitzt mit der Fußfessel für kriminelle Schulschwänzer ab In Berlin lehnen die Politiker den Vorschlag des brandenburgischen Innenministers ab

Eine Mischung aus Ablehnung und ungläubigem Staunen hat Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) für seinen jüngsten Vorschlag geerntet, „extrem kriminelle Schulschwänzer“ möglicherweise mit elektronischen Fußfesseln zu sichern. „Das ist für Berlin kein Thema“, lautet die kategorische Antwort aus der Berliner Senatsinnenverwaltung.

Eine Mischung aus Ablehnung und ungläubigem Staunen hat Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) für seinen jüngsten Vorschlag geerntet, „extrem kriminelle Schulschwänzer“ möglicherweise mit elektronischen Fußfesseln zu sichern. „Das ist für Berlin kein Thema“, lautet die kategorische Antwort aus der Berliner Senatsinnenverwaltung. Für die FDP ist die ganze Idee schlicht eine „Lachnummer“, so die bildungspolitische Sprecherin Mieke Senftleben.

Anlass für Schönbohms Äußerung in der gestrigen Bild-Zeitung waren neue Erkenntnisse des Deutschen Jugendinstituts München. Demnach sagt jeder dritte Schwänzer, dass er „Dinger dreht“, statt in den Unterricht zu gehen. Laut „Focus“ hat zudem das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen herausgefunden, dass fast alle jugendlichen Strafgefangenen vor ihrer Verurteilung regelmäßig schwänzten.

In Berlin wurden im vergangenen Schuljahr erstmals systematisch alle Schüler erfasst, die über 40 Prozent des Unterrichts versäumt haben. Dies waren rund 4000 Kinder und Jugendliche. Allerdings sind darin auch Schüler enthalten, die längere Zeit erkrankt waren. Ob auch in Berlin fast jeder dritte Schulschwänzer Diebstähle oder andere Delikte begeht, wird von keiner Statistik erfasst. Ebenso wenig war gestern zu erfahren, wie viele dieser Schwänzer „extrem kriminell“ sind und damit für Schönbohm in Sachen „Fußfessel“ in Betracht kämen.

Sicher ist allerdings, dass Schönbohms Vorschlag gestern in keinem Bundesland auf fruchtbaren Boden fiel. Brandenburgs Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) lehnte es ebenso ab, den Gedanken weiter zu verfolgen, wie sein Berliner Amtskollege und Parteifreund Klaus Böger. Es komme darauf an, Schulversäumnisse konsequent zu verfolgen, sagt Bögers Sprecher Thomas John. Dazu gehöre etwa, die Eltern sofort zu informieren. Die elektronische Fußfessel gehört für John nicht zum bildungspolitischen Handlungshorizont. Zudem gebe es die Fessel bisher ohnehin nur in Hessen und dort auch nur in einem Pilotprojekt.

Ähnlich sehen das auch Berliner CDU-Politiker. „Bevor man über Derartiges nachdenkt, muss man erst 25 andere Schritte tun“, meint etwa Katrin Schultze- Berndt von der CDU-Fraktion. Sie kann sich etwa vorstellen, notorische Schwänzer zu gemeinnützigen Arbeiten heranzuziehen, um ihr Unrechtsbewusstsein zu schärfen. „Das mit der Fußfessel geht zu weit“, steht für sie fest, da es sich ja um Schüler handele und nicht um verurteilte Straftäter, für die in Hessen die Fußfessel angewandt wird. Der CDU-Schulfachmann auf Parteiebene, Gerhard Schmid, findet, dass Schönbohms Vorstoß „am Problem vorbeigeht“. Er hält es für wichtiger, einen gesellschaftlichen Konsens darüber zu erzielen, das Schwänzen nicht hinzunehmen. Nicht nur die Schulen, sondern auch Bezirksämter und Gerichte müssten bereit sein, die Schulversäumnisse zu ahnden.

Bislang sind es nur einzelne Schulen, die sehr konsequent auf Schulschwänzer reagieren und etwa schon am ersten Tag bei den Eltern anrufen, um sie auf das Fehlen der Kinder hinzuweisen. Üblich ist dies etwa an der Tempelhofer Werner-Stephan-Hauptschule. Hier schwänzen nur drei Prozent regelmäßig den Unterricht – „üblich ist an Hauptschulen ein Anteil von 18 Prozent“, so Schulleiter Siegfried Arnz. Er betont allerdings, dass es nicht damit getan ist, die Eltern anzurufen. „Das ganze Schulleben muss sich ändern, damit die Schüler gar nicht erst auf den Gedanken kommen“, so Arnz.

Auch Neuköllns Volksbildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD) fordert zunächst alle nur denkbaren „pädagogischen Bemühungen“, um Schwänzern beizukommen. In Härtefällen lässt er sie aber per Polizei zur Schule bringen.

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