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Schule: Rot-Rot will Zugang zu Gymnasien erschweren

Die rot-rote Koalition experimentiert weiter mit der Schulreform. Das Probejahr an Gymnasien kommt nun doch nicht. Stattdessen sollen die Zugangskriterien verschärft werden, und Eltern dürfen weniger mitreden.

Berlins große Schulreform soll an einem wichtigen Punkt verändert werden: Das geplante Probejahr an Gymnasien ist in den Regierungsfraktionen nicht mehrheitsfähig. Stattdessen sollen die Zugangskriterien verschärft und die Bedeutung des Elternwillens eingeschränkt werden. Damit verlöre das umstrittene Losverfahren an den Gymnasien an Brisanz, weil nur noch leistungsstärkere Kinder in den Lostopf kämen.

SPD-Bildungspolitikerin Felicitas Tesch begründet ihr Umdenken mit den Warnungen von Experten: Sie hatten vergangene Woche bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus davon abgeraten, Jugendliche in der schwierigen Phase zu Beginn der Pubertät nach einem Jahr als „gescheitert“ aus dem Gymnasium zu entfernen. Stattdessen wurde ein mehrtägiger Probeunterricht vorgeschlagen. Bei dem könnten sich die Schüler beweisen, die von ihren Grundschulen keine Gymnasialempfehlung bekommen hätten. Wer nicht überzeuge, solle gleich auf die Sekundarschule gehen.

Vorangegangen war im August ein Appell des Rats der Bürgermeister: Auch der will den Schülern das Probejahr ersparen, und zwar indem vorher geklärt wird, ob jemand für den schnellen Weg zum Abitur geeignet ist. Sie schlagen deshalb vor, die Bedeutung des Grundschulgutachtens gegenüber dem Elternwillen aufzuwerten. Nun muss Rot-Rot die Frage beantworten, in welcher Form es diesem Vorschlag folgt. Zur Debatte stehen neben einer verbindlichen Grundschulempfehlung ein strenger Numerus Clausus, eine Aufnahmeprüfung am Gymnasium und – als zusätzliche Chance – der Probeunterricht.

Der bildungspolitische Sprecher der Linkspartei, Steffen Zillich, wollte sich am Sonntag noch nicht festlegen. Sicher ist nur, dass er das Probejahr von Anfang an „für keine gute Idee“ hielt und sich nur widerwillig diesem Vorschlag von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) gebeugt hatte. Wenn es nach den Linken ginge, gäbe es keine Hürden vorm Gymnasium, damit die Grenzen zur Sekundarschule verschwimmen. Allerdings weiß die Linke, dass dies mit der SPD nicht zu machen ist. Deshalb „sind wir natürlich bereit, über Alternativen ohne Probejahr zu reden“, kündigte Zillich gegenüber dem Tagesspiegel an. Dabei werde man allerdings darauf achten, „welche Nachteile eine solche Alternative mit sich bringt“.

Die Linke fürchtet, dass höhere Hürden vorm Gymnasium dem Ziel einer stärkeren sozialen Mischung entgegenstehen. Auch SPD und Zöllner wollen diese Mischung verbessern, weshalb sich die Fraktionen auf freien Zugang und ein Losverfahren für beliebte Schulen einigte: Nach monatelangem Streit wurde beschlossen, dass sich nachgefragte Schulen bis zu 70 Prozent der Schüler selbst aussuchen können und die restlichen Plätze verlost werden. Damit die Gymnasien ungeeignete Schüler nicht behalten müssen, gehörte das Probejahr zum Gesamtpaket.

Von Anfang an gab es harsche Kritik. CDU und FDP geißelten vor allem das Losverfahren. Die Grünen warnten vor den Nachteilen des Probejahres und waren damit auf einer Linie mit den Bezirken, die sich fragen, wie hunderte „Rückläufer“ aus den Gymnasien an den Sekundarschulen integriert werden sollen. Insbesondere Grünen-Bildungspolitiker Özcan Mutlu hatte das Probejahr scharf attackiert und betont, seine Fraktion werde die Schulreform nur dann mittragen, wenn das Probejahr verschwinde.

„Wir hätten die Grünen gern mit im Boot“, betonen übereinstimmend die SPD-Bildungspolitikerinnen Felicitas Tesch und Renate Harant. Ebenso wie Mutlu hielten sie es für vertretbar, wenn aufgrund schärferer Zugangskriterien einige Gymnasien nicht mehr genug Schüler hätten und schließen müssten. Landeselternsprecher André Schindler warnt hingegen davor, den Zugang zum Gymnasium mithilfe des Grundschulgutachtens zu versperren, denn „die Noten der Grundschulen sind nicht objektiv“.

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