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Schule: Unterrichtsausfall: Krankheitswelle belastet Schulen

Während bis zu 35 Prozent der Pädagogen fehlen, warten Vertretungslehrer vergeblich auf ihre Bezahlung. Eltern sprechen von einer "Zumutung".

„Wenn die Vertretung der Vertretung der Vertretung krank ist, geht gar nichts mehr“ – Sätze wie dieser beschreiben die aktuelle Lage an Berlins Schulen. Drei Monate nach Schuljahresbeginn ist zwar das Personalkarussell kurzzeitig zum Stillstand gekommen. Aber jetzt stellt die jahreszeitlich bedingte Häufung von Erkältungserkrankungen die Schulen vor neue Probleme, zumal sich die Zahl der Dauerkranken nun schon seit drei Monaten auf dem Rekordhoch von rund 1150 Lehrern hält.

Ein Beispiel demonstriert die Problemlage: An der Britzer Fritz-Karsen-Schule war Ende November jeder dritte Kollege in der Grundstufe und etwa jeder vierte in den höheren Klassen krank. Zusätzlich wurden noch zwei Erzieherinnen „abgezogen“, was die Ganztagsbetreuung extrem erschwert, wie Schulleiter Robert Giese in einem Elternbrief schreibt.

Die Erzieherinnen sind auch deshalb knapp, weil sie infolge des Solidarpaktes weniger arbeiten müssen. „An 170 von 200 Unterrichtstagen ist eine Kollegin weg“, beschreibt Giese die Folgen. Eine weitere Kraft falle im Schnitt pro Tag wegen Krankheit aus. „Die Kolleginnen arbeiten an der Grenze ihrer physischen und psychischen Belastbarkeit“, heißt es in dem Elternbrief weiter.

Andere Schulen berichten, es werde zunehmend schwierig, Vertretungslehrer zu finden. Nicht nur, weil die offiziellen Personallisten „abgegrast“ seien, sondern auch, weil viele Kollegen mangels Bezahlung nicht mehr bereit seien, einzuspringen: Es gibt offenbar Lehrer, denen die Bildungsverwaltung noch immer kein Entgelt für die Stunden gezahlt hat, die sie im September vertreten hatten. „Wer diese Erfahrung macht, wird wohl kaum wieder bereit sein, kurzfristig für erkrankte Kollegen einzuspringen, damit der Unterricht weitergeführt werden kann“, kritisierte gestern ein Studienrat.

Auch Eltern des Charlottenburger Herder-Gymnasiums sind unzufrieden. Ein Vater berichtete gestern, der permanente Unterrichtsausfall – zumindest in der elften Klasse – sei eine „Zumutung“.

Dass vor allem in den elften Klassen viel Unterricht ausfällt, ist kein Zufall. Die Bildungsverwaltung hat die Schulen angewiesen, die knappen Lehrer auf die Klassenstufen zu konzentrieren, in denen zentrale Abschlussprüfungen geschrieben werden. Auch die siebten Klassen sollen wegen des Probehalbjahres geschont werden, heißt es auf der Homepage der Charlottenburger Wald-Oberschule, die auf diese Weise versucht, bei den Eltern ein gewisses Verständnis für die Prioritäten bei der Verteilung der knappen Reserven zu gewinnen.

Die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung von ehemals 22 auf 26 Stunden etwa an Gymnasien hat nicht nur dazu geführt, dass die Lehrer sich belasteter fühlen, sondern auch dazu, dass es schwieriger geworden ist, erkrankte Kollegen zu ersetzen: Früher mussten 22 Stunden vertreten werden, jetzt eben 26. Und dies müssen Kollegen leisten, die eben auch 26 Stunden unterrichten müssen. „Ist doch klar, dass das nicht gut gehen kann“, hieß es aus einer Steglitzer Grundschule.

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