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Im Gespräch mit der Jugend. Zum Europaprojekttag war Bundeskanzlerin Angela Merkel in das Lichtenberger Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium gekommen. Nicht alle Schüler waren mit ihren Antworten zu Europa zufrieden.

© dpa

Angela Merkel besucht Lichtenberger Schule: Lektion von der Kanzlerin

Schüler des Johann-Gottfried-Herder-Gymnasiums befragten Angela Merkel. Drei Wochen hatten sie sich auf das Gespräch zum Thema Europa vorbereitet.

„Das wird sich noch eine Weile hinziehen“, antwortete Angela Merkel am Montag einer Schülerin auf die Frage, wie lange die Schuldenkrise noch dauert. „Eher Jahre als Tage“, setzte die Bundeskanzlerin nach. Mit konkreten Fragen hatten sich gestern 60 Schüler der fünften bis zwölften Jahrgangsstufe des Johann-Gottfried-Herder-Gymnasiums in Lichtenberg anlässlich des 7. Europaprojekttages an die Bundeskanzlerin gewandt. Neben der Eurokrise stellten sie Fragen zu europäischer Migrations- und Umweltpolitik. Vier Schüler moderierten die Diskussion. Dazu gab es Fragen zu der Auswirkung der europäischen Landwirtschaftspolitik auf afrikanische Staaten und zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan.

Die Kanzlerin antwortete ausführlich, aber ohne viel Konkretes. „Schritt für Schritt“ war mehrmals zu hören, es sei ein „schwieriger Prozess“, ein „sehr komplizierter Vorgang“ oder „Es ist mit einem Wort kompliziert“. Die Frage der Euro-Politik verglich Merkel mit der Situation in der Schule, wenn der Stoff nicht verstanden wird und Lehrer und Schüler sich dafür gegenseitig die Schuld geben. Man müsse aber eben so lange zusammensitzen bis der Schüler den Stoff verstehe, so Merkel. Man müsse zu einer gemeinsamen Analyse kommen, meinte sie dann mit Blick auf die EU-Ebene.

Seit drei Wochen hatten sich die Schüler auf die Gesprächsrunde mit Merkel vorbereitet und teilweise lange gefeilt, um die richtige Formulierung zu finden, berichtet Schülersprecherin Katja Hertha aus der 12. Jahrgangsstufe. Das Bild der EU habe gelitten, meinte sie in ihrer Einleitung zur Diskussion. Viele Schüler hätten begonnen am Sinn und Zweck der EU zu zweifeln. Es gebe keine europäische Öffentlichkeit, europäische Fragen hätten „keine richtige Präsenz, wenn man es nicht gerade im Unterricht macht“. Das bilinguale Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium mit mehr als 750 Schülern präsentierte vor der Diskussion seine Projekte, die den Austausch der Schüler fördern. Seit 2010 vergibt die Schule neben dem Abiturzeugnis auch das „CertiLingua“, ein Zertifikat über ausgezeichnete Kenntnisse in zwei Fremdsprachen sowie über europapolitische und internationale Kenntnisse.

„Wenn die Antworten nicht so lang gewesen wären, hätten wir mehr Fragen stellen können“, sagte ein Schüler einer 10. Klasse nach dem Gespräch. So war für einige kritische Fragen der Schüler, etwa zur Verantwortung der Finanzinstitutionen, keine Zeit mehr. Er vermutet, dass es für die Kanzlerin eher ein Pressetermin war. Seine Mitschülerin fand trotzdem gut, dass das Gespräch stattgefunden hatte. Jetzt wisse die Bundeskanzlerin, dass man kritische Fragen habe. Die Schule hat das Gespräch auf Video aufgezeichnet und will die Antworten nun in den einzelnen Klassen als Teil des Unterrichts Politische Wissenschaft auswerten.

Der Europaprojekttag wurde 2007 von der Bundeskanzlerin ins Leben gerufen, um das Interesse an der EU zu stärken. Anlässlich des Projekttages besuchen Regierungsmitglieder, Mitglieder des Bundestages, des Europäischen Parlaments, der Landtage sowie die Regierungschefs der Bundesländer Schulen in deutschen Städten. Für Cathy Sulaiman aus der 12. Jahrgangsstufe war das Gespräch mit der Kanzlerin eine gute Einstimmung auf den heutigen Dienstag: Da hat sie ihre Abi-Prüfung in Politikwissenschaft, einer ihrer Schwerpunkte ist Europa. Katharina Ludwig

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