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Bildung: Schulen fürchten um Anerkennung des Abiturs

Der Verband der Oberstudiendirektoren fürchtet wegen zu geringer Stundenzahlen um die Anerkennung des Berliner Abiturs. Die Direktoren verlangen von Senator Zöllner klare Vorgaben.

Die Bildungsverwaltung ist diesen Befürchtungen entgegengetreten. „Das Berliner Abitur entspricht den Vorgaben der Kultusministerkonferenz“, betonte Sprecher Jens Stiller gegenüber dem Tagesspiegel. Allerdings müssten Elft- und Zwölftklässler künftig mehr Unterricht als bisher absolvieren, um trotz der Schulzeitverkürzung die Mindeststundenzahl für das Abitur zu erreichen. Die entsprechende Verordnung werde noch erlassen.

Die Gymnasien halten dies für überfällig. Sie sind gerade dabei, die jetzigen Zehntklässler auf den Übergang in die gymnasiale Oberstufe vorzubereiten. Dabei geht es um die Frage, welche Kurse gewählt und wie viele Stunden insgesamt belegt werden müssen. An diesem Punkt sind die Schulen auf klare Vorschriften der Bildungsverwaltung angewiesen: Sie muss darauf achten, dass Schüler genug Unterricht haben, um die Bedingungen der Kultusministerkonferenz zu erfüllen.

„Ich verlange, dass die Berliner Schüler nicht der Gefahr der Nichtanerkennung ihres Abiturs ausgesetzt werden“, empörte sich gestern Ralf Treptow vom Verband der Oberstudiendirektoren angesichts der noch ausstehenden Informationen und bekam dabei Unterstützung vom Leiter des Tegeler Humboldt-Gymnasiums, Bernd Kokavecz. Kurz darauf stellte die Bildungsverwaltung auf Anfrage klar, dass die künftigen Elft- und Zwölftklässler jeweils rund drei Stunden zusätzlich belegen müssten. Damit kämen sie auf 32,5 Wochenstunden – was Treptow aber für nicht ausreichend hält.

„Die Verwaltung will uns für dumm verkaufen“, glaubt der Leiter des Pankower Rosa-Luxemburg-Gymnasiums. Nach Treptows Rechnung müssen 35 Stunden belegt werden – fünf mehr als bisher, um die Vorgaben der Kultusminister zu erfüllen. Wenn die Verwaltung von lediglich 32,5 Stunden ausgehe, dann nur, weil sie den Religionsunterricht mit einbeziehe. Der aber werde doch gar nicht von allen Schülern belegt, kritisiert Treptow. Es sei daher „unredlich“, wenn die Verwaltung damit argumentiere. Wie dieser Streit ausgeht, war gestern noch nicht absehbar.

Die Frage des Stundenpensums ist aber nicht die einzige Sorge der Zehntklässler und ihrer Eltern. „Die größte Sorge ist die Studienplatzsituation“, berichtet Jochen Pfeiffer vom John-Lennon-Gymnasium in Mitte: Die Verkürzung des Abiturs führt nämlich dazu, dass 2012 zwei Jahrgänge in die Universitäten drängen: die jetzigen Elft- und die jetzigen Zehnklässler. Die Zehntklässler befürchten einen Nachteil, weil ihnen die Orientierungsphase in der bisherigen elften Klasse fehlt: Sie müssen gleich nach der zehnten Klasse Kurse besuchen, die für das Abitur angerechnet werden. Deshalb erwarten viele Zehntklässler, dass sie schlechtere Noten bekommen werden als ihre Konkurrenten, die in der elften Klasse noch ihr Wissen vertiefen konnten. Ihr Abiturschnitt werde darunter leiden, so die Befürchtung der Schüler. Die Landesschülervertretung (LSV) sieht sich abermals in ihrer Forderung bestätigt, das Turboabitur zurückzunehmen. „Wir erleben eine Ausgrenzung vom Jungsein“, beschwert sich LSV-Büroleiter Micha Schmid. Die Schüler säßen bis in den späten Nachmittag in der Schule und suchten am Wochenende Ablenkung im „Komasaufen“.

Die Schulen versuchen nun, den Zehntklässlern den Übergang zu erleichtern: Das Zehlendorfer Schadow-Gymnasium etwa bietet ihnen Gastbesuche in Leistungskursen an und zusätzliche Beratungen. Das Lichterfelder Willi-Graf-Gymnasium führt die Zehntklässler vorzeitig in die Arbeitsformen der Oberstufe ein. Ansonsten überlegen sich die Schulen, wie sie an die Lehrer herankommen, die sie für den zusätzlichen Unterricht brauchen: Das Personal ist zwar vom Senat bewilligt, aber die Bewerberlage ist miserabel: Bei den aktuellen Einstellungsterminen („Castings“) für das nächste Schulhalbjahr konnten nur wenige freie Stellen besetzt werden.

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