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Schulen: Dauerkranke Lehrer: Zöllner hat keine anderen Jobs

Seit acht Monaten prüft die Bildungsverwaltung alternative Einsatzmöglichkeiten für Dauerkranke und Frühpensionäre in der Lehrerschaft – ohne Ergebnis.

Lang ist die Liste der Versäumnisse, die der Landeselternausschuss dem Bildungssenator aktuell vorhält. Aber nicht vollständig. Das haben die Bündnisgrünen gemerkt: Seit rund acht Monaten warten sie darauf, dass Jürgen Zöllner (SPD) seine Ankündigung umsetzt, das Problem der Dauerkranken und Frühpensionäre unter den Lehrern anzugehen. Bislang ist nichts Sichtbares passiert. Jetzt fragt sich der grüne Bildungspolitiker Özcan Mutlu, warum Zöllner denn nicht zumindest die Erfahrungen seines Heimatlandes Rheinland-Pfalz für Berlin nutzt.

Dort ist seit 1994 beamtenrechtlich geregelt, dass Lehrer eine andere Tätigkeit übernehmen müssen, wenn sie nur teilweise dienstunfähig sind: Wer also aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr vor einer Klasse stehen kann, wird etwa dem museumspädagogischen Dienst zugewiesen. Wenn es keine passenden Einsatzmöglichkeiten gibt, kann man sogar verlangen, dass sich ein Beamter weiterbildet, um eine andere Tätigkeit ausüben zu können.

So weit wollten die Grünen gar nicht gehen: Im Oktober 2007 hatten sie den Antrag gestellt, die entsprechenden Lehrer „auf freiwilliger Basis in außerunterrichtlichen Bereichen der Schule“ einzusetzen. Seither warten sie, dass sich was tut. Etwas Hoffnung schöpfte Mutlu, als Zöllner im November 2007 in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage schrieb, es sei „grundsätzlich denkbar“, Lehrkräfte, die dem Schulalltag nicht mehr gewachsen sind, außerhalb des Unterrichts einzusetzen. Zuvor hatte der Senator auch eine Arbeitsgruppe zum Thema „Dauerkranke“ eingesetzt.

Bislang ist kein Ergebnis in Sicht. „Die Arbeitsgruppe tagt noch“, lautet die knappe Antwort aus der Bildungsverwaltung. Im Übrigen gebe es im Berliner Landesprogramm „Gute gesunde Schule“ ein „Bündel von Maßnahmen, die sich konkret mit der Gesundheit von Lehrkräften beschäftigen“.

Dass es mit dem „Bündel“ nicht weit her ist, lässt die aktuelle Zahl der Dauerkranken erahnen: Sie stagniert auf hohem Niveau bei rund 1000, wie Zöllners Sprecher auf Anfrage mitteilte. Was bedeutet: Die Probleme mit Burn-out und psychosomatisch bedingten Rückenleiden sind in keiner Weise kleiner geworden, was angesichts der anhaltend hohen Arbeitsbelastung in den Schulen auch wohl kaum jemand erwartet hatte.

Nicht nur die Grünen erwarten dringend, dass Zöllner sich des Themas annimmt. Auch der Beamtenbund fragt sich, warum Berlin nicht tätig wird. „Die Verwaltung muss sich öffnen“, fordert der Vorsitzende des Berliner Beamtenbundes, Joachim Jetschmann. Er könne sich vorstellen, dass Lehrer von der Schule in die Erwachsenenbildung wechseln, um bestimmte Belastungen zu reduzieren. Jetschmann hält es im Lehrerberuf für besonders wichtig, Regelungen für andere Einsatzmöglichkeiten zu finden, weil die Schulen kaum Handlungsmöglichkeiten haben.

„Bei der Polizei oder Feuerwehr ist das leichter: Da kann man einen Beamten in den Innendienst versetzen“, beschreibt Jetschmann ein häufiges Verfahren, um den betreffenden Beamten nicht in den vorzeitigen Ruhestand schicken zu müssen. In der Schule gibt es solche Möglichkeiten kaum, weil es nur wenige Ausweichstellen gibt. „Da muss man erfindungsreicher sein“, sagt Jetschmann. Er versteht nicht, warum „Berlin lieber die Dauerkranken und Frühpensionäre finanziert, als nach Lösungen zu suchen“.

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert seit langem, dass für Lehrer, die vorübergehend oder dauerhaft nicht mehr unterrichten können, andere Tätigkeiten gesucht werden. GEW-Chefin Rosemarie Seggelke nennt als Beispiel das Korrigieren von Klausuren, um Kollegen zu entlasten, oder auch den Einsatz als Lesehelfer in Grundschulen.

Bei der Umsetzung dürfte es allerdings manche Probleme geben, denn zurzeit gibt es beispielsweise für Lesehelfer überhaupt keine Mittel im Haushalt – sie arbeiten alle ehrenamtlich. Auch sonst sind Ausweichstellen, die im Haushalt abgesichert sind, knapp. Das merkt man auch in Rheinland-Pfalz: „So viele Stellen für Museumspädagogen gibt es gar nicht, um alle teilweise dienstunfähigen Lehrer unterzubringen, gibt Brigitte Strubel-Mattes von der Mainzer GEW zu bedenken.

Und wann will Zöllner sich äußern? „Für uns hat die Einrichtung des nächsten Schuljahres Priorität“, wehrt sein Sprecher ab. Das beginnt im September.

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