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Kurz vor ACHT: Sarrazins Wunschdenken

Es ist ja nicht neu, dass sich die Bezirke und Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) um das Geld streiten. Nur die Anlässe wechseln.

Es ist ja nicht neu, dass sich die Bezirke und Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) um das Geld streiten. Nur die Anlässe wechseln. Vergangene Woche bestand der Anlass darin, dass einige Bezirke mangels Ärzten nicht mehr wissen, wie sie ihre Einschulungsuntersuchungen bewältigen sollen. Sarrazin ließ daraufhin wissen, dass die Bezirke im Rahmen ihrer Globalhaushalte doch selbst entscheiden können, wofür sie das Geld ausgeben.

Mit anderen Worten: Sie sind selbst verantwortlich dafür, wie sie ihre Prioritäten setzen. Was Sarrazin anscheinend nicht wusste: Friedrichshain-Kreuzberg etwa wollte ja Ärzte einstellen und das Problem selbst lösen, erhielt aber bis vor kurzem von der Finanzverwaltung keine Erlaubnis für diese sogenannten Außeneinstellungen.

Hinter der Weigerung der Behörde stand anscheinend Sarrazins Wunschdenken, dass die Einschulungsuntersuchungen doch auch von niedergelassenen Kinderärzten vorgenommen werden könnten, die ihn nichts kosten. Er hatte dabei allerdings die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn die Kinderärzte stellten schon vor Monaten klar, dass sie überhaupt keine Zeit haben, rund 25 000 künftige Erstklässler auf Herz und Nieren zu untersuchen.

Die Kinderärzte wissen, was Sarrazin offenbar nicht weiß: Unter den Fünfjährigen gibt es derart viele Sprach- und Verhaltensgestörte, dass es nicht damit getan ist, sie mal kurz zu untersuchen. Da gibt es Unzählige, die keinen Strich malen, keinen Turm bauen, nicht hüpfen und nicht balancieren können, weil Fein- und Grobmotorik eben nicht gedeihen können, wenn sie von den Eltern nicht gefördert werden. Hier muss der öffentliche Gesundheitsdienst einschreiten und hierfür braucht er Ärzte, die dafür sorgen, dass im Jahr vor der Einschulung die schlimmsten Defizite beseitigt werden. Andernfalls werden diese Kinder schon von der ersten Klasse an zum Problem: für sich, die Eltern, die Lehrer, die Mitschüler und – spätestens beim ersten Sitzenbleiben – für den Finanzsenator. Denn Sitzenbleiber kosten richtig Geld. Susanne Vieth-Entus

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