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Die Sechstklässler sind stolz auf die Briefe, die sie von Prominenten, wie Joachim Gauck erhalten haben.

© Georg Moritz

Grunewald-Grundschule in Wilmersdorf: Luther auf's Maul geschaut - Prominenten auf den Zahn gefühlt

Wenn Prominente Schülern persönlich antworten, muss ihnen das Thema am Herzen liegen.

Wenn Queen Elisabeth II., der Papst, Angela Merkel und Thomas de Maizière sich die Zeit für einen persönlichen Brief nehmen, liegt ihnen das Thema vermutlich sehr am Herzen. Mit Fragen wie „Was gibt Ihnen Kraft, um Ihren Alltag zu bestreiten?“ und „An was glauben Sie?“ scheinen die Schüler der Grunewald-Grundschule und der Alt-Schmargendorf-Grundschule in Wilmersdorf da genau den Nerv der Prominenten getroffen zu haben. Immerhin hat von den 50 angeschriebenen Personen des öffentlichen Lebens, unter anderem in Deutschland, der Türkei, Amerika und Großbritannien, über die Hälfte geantwortet.

Briefe und Collagen sind ausgestellt

„Ich habe gerade mit einer schlimmen Grippe im Bett gelegen, als die Post von Sigmar Gabriel bei mir im Briefkasten lag. Da ging es mir gleich viel besser“, erzählt John, einer der Sechstklässler, der innerhalb des evangelischen Religionsunterrichts das Lutherprojekt mitgestaltet hat. Unter dem Motto „Luther auf´s Maul geschaut“ haben er und seine Mitschüler, unter der Leitung von Lehrerin und Ideengeberin Claudia Syll, über mehrere Monate eine Ausstellung auf die Beine gestellt. Neben den ausgehangenen Briefen, die sehr offen und teilweise mit viel Mühe beantwortet worden sind, lassen Collagen und Rätsel den Reformator in seinem 500. Jubiläumsjahr wieder lebendig werden. „Die Kinder haben Luther und seine Frau Katharina von Bora in die Gegenwart geholt und sie in der Rolle als Reporter befragt. Daraus ist ein Hörspiel entstanden“, lobt Syll die Kreativität der Projektgruppe.

„Mir ist es wichtig, dass meine Schüler nach ihrem Abschluss gestärkt in die Welt gehen. Aus Luthers Thesen sollen sie sich deshalb für sich hilfreiche Botschaften rausziehen“, begründet die Lehrerin ihre Motivation. Zudem ist das Projekt auch an die benachbarten Oberschüler adressiert. Sie sollen von ihren jungen Nachfolgern aus der Grundschule einen neuen Blickwinkel vermittelt bekommen: weg vom reinen Leistungsprinzip – hin zu Grundwerten, wie Freiheit, Gleichberechtigung und Glaube.

Luther und die Frauenrechte

„Luther hat sich dafür eingesetzt, dass seine Frau nach seinem Tod das Sorgerecht für die Kinder bekommt und es nicht, wie sonst zu der Zeit üblich, an männliche Verwandte übertragen wird. Damit hat er sich als einer der ersten für Frauenrechte stark gemacht“, sagt John. „Das gilt heute als Samen der Emanzipation“, ergänzt Lehrerin Claudia Syll und erklärt damit die Collage zur Gleichberechtigung.

„Ich möchte im Leben den Mut haben, auch mal andere Wege zu gehen und meine Meinung zu sagen“ erklärt Sechstklässler Nikki, der als einer der Experten durch die Ausstellung führt und diese Botschaft aus dem Plakat zur Gerechtigkeit mitnimmt.

Insgesamt haben die Schüler sowohl aus den Briefen der Prominenten, als auch aus der intensiven Auseinandersetzung mit Luthers Lebensgeschichte ganz eigene Erkenntnisse zu Toleranz und Aufklärung für sich mitgenommen. Der 12-jährige Nicolas geht, orientiert an der Briefzeile „Meine Hoffnung ist stärker als meine Angst.“ von Wolfgang Huber, Bischof a.D., von jetzt an zum Beispiel mit weniger Angst durchs Leben und bezieht das auch auf aktuelle Geschehnisse. „Ich möchte mir von Terroristen keine Weihnachtsmärkte und Fußballspiele kaputt machen lassen“, erklärt er.

Julia Sergon

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