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© Kai-Uwe Heinrich

Praktischer Unterricht: Schüler und Lehrer als Wahlhelfer

Solche Beispiele sollten Schule machen: Im Lichtenberger Coppi-Gymnasium managten Schüler und Lehrer am Sonntag gemeinsam das Wahlokal, das in ihrer Schule untergebracht war.

Ein Wahllokal wie eine Rennbahn: „Start“ steht, wo die Wähler ihre Unterlagen bekommen, Ziel ist: die Urne. „Wir sind das schnellste Berliner Wahllokal“, witzelt Lehrer Matthias Felsch vom Lichtenberger Coppi-Gymnasium. Und Schüler waren die Schiedsrichter. 14 von ihnen und vier weitere Lehrer taten Dienst in zwei Wahllokalen an der Schule. „Eigentlich müssten wir noch die Zeit stoppen und die Bestzeiten an die Tafel schreiben“, sagt eine Schülerin. „Aber es gibt kein Bonussystem. Wer am schnellsten ist, darf trotzdem nicht zweimal wählen“, bremst Schulleiterin Gisela Unruhe lachend ihren Elan.

Auch andere Schulen machten mit

Gisela Unruhe findet es gut, dass die Schüler nicht nur selber wählen, sondern sich am Wahltag aktiv engagieren. Das ist ab einem Alter von 18 Jahren und somit für viele Schüler der 13. Klasse möglich. „Obwohl ich mir das gerne selbst ausgedacht hätte, stammt die Idee aus Pankow“, sagt Unruhe. Bevor sie ein Jahr zuvor Schulleiterin des Coppi-Gymnasiums wurde, war sie Schulrätin aller Gymnasien und Gesamtschulen im Bezirk Pankow. Am dortigen Carl-von-Ossietzky-Gymnasium und an der Kurt-Schwitters-Gesamtschule hat sie zum ersten Mal Wahllokale gesehen, die von Schülern und Lehrern betrieben wurden. Sie nahm die Idee mit nach Lichtenberg und fragte im Grundkurs Politische Weltkunde (PW), ob die Schüler Lust hätten, sich als Wahlhelfer bei der Europawahl zu engagieren. „Viele haben sich sofort bereit erklärt“, sagt sie. Die meisten der Schüler hätten sich auch gleich für die Bundestagswahl gemeldet.

Kurs voller Basisdemokraten

Einen „Kurs voller Basisdemokraten“, nennt PW-Lehrer Felsch seine Schüler lächelnd. Der kleine Obolus, den die Wahlhelfer bekamen, sei für ihn aber ebenso ein Grund fürs Mitmachen gewesen, sagt der 19-jährige Benjamin Stolze. 31 Euro Aufwandsentschädigung pro Tag bekämen Helfer ohne Einkommen, 21 Euro mit. Seit acht Uhr morgens saß Benjamin in der Schule, gab Wahlzettel aus und kontrollierte den Personalausweis – als Beisitzer. „Eigentlich ist es interessant. Aber wenn lange keiner kommt, kann es schon langweilig werden“, gibt er zu. Dann kann er wenigstens noch mit den anderen Wahlhelfern über Start- und Zielpunkte albern. Mindestens drei Helfer müssten immer im Wahllokal sein. Neben den Beisitzern gibt es den Schriftführer, der das Wählerverzeichnis führt, und den Wahlvorstand, der unter anderem das Ergebnis bekannt gibt.

Im Gegensatz zu Benjamin findet Anna Behrend es entspannend, wenn mal keiner da ist. „Bei der Europawahl war das so, da war die Wahlbeteiligung ja ziemlich niedrig“, erinnert sie sich. Anna gehörte zu der zweiten Schicht, die Benjamin und seine Mitschüler um 13 Uhr ablöst. Die 18-Jährige finde es wichtig zu wählen und sich politisch zu engagieren. Mit einer Gruppe Freunde treffe sie sich wöchentlich zu einem Diskussionskreis im Unabhängigen Jugendzentrum nebenan. Kulturindustrie oder der Islam seien die letzten Themen gewesen.  „Es gibt ja einen heimlichen Konkurrenzkampf zwischen den beiden Wahllokalen“, verrät Schulleiterin Unruhe. Das eine trumpfte mittags mit der höheren Wahlbeteiligung auf, das andere hatte die älteste Wählerin im Verzeichnis – Jahrgang 1914.

Tina Gebler

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