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Neukölln: Schule bat um Hilfe - und die kam prompt

Im Juni schrieben die Lehrer der Heinrich-Mann-Sekundarschule einen Brandbrief an Bildungssenator Jürgen Zöllner, der schnell reagierte. Doch jetzt ist der Brief an die Öffentlichkeit gelangt - während die Schule neu starten will.

Berlin hat einen neuen Brandbrief. Die Rede ist von gewaltbereiten und verhaltensauffälligen Schülern, überforderten Lehrern und schlechten räumlichen Bedingungen. Diesmal kommt der Brandbrief nicht aus Mitte wie meist in den vergangenen Jahren, sondern aus Neukölln – wie vor fünf Jahren, als die Rütli-Schule Alarm schlug. Absender des Briefes an Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) ist die Heinrich-Mann-Sekundarschule in Buckow. Als die Schule im Juni nach mehr als einem Jahr noch immer ohne Schulleiter dastand und die Probleme überhand nahmen, entschied das Kollegium einstimmig, seine Beschwerden nach oben zu melden, wie jetzt bekannt wurde.

Was der Senator zu lesen bekam, erinnert an den Rütli-Brandbrief von 2006, auch wenn die Lehrer beteuern, es so nicht gemeint zu haben. Tatsächlich ist es so, dass die Mann-Schule wesentlich besser dasteht als die Rütli-Schule damals. Sie hat preisgekrönte Projekte hervorgebracht und verfolgt ein anspruchsvolles Unterrichtsmodell wie die „Lernbüros“, die das selbständige Lernen der Schüler unterstützen sollen. Vor allem aber ist die Mann-Schule nie eine Hauptschule gewesen, sondern eine Gesamtschule. Allerdings ohne gymnasiale Oberstufe und mit großen Problemen, eine gut gemischte Schülerschaft anzuziehen – was auch mit der Lage am Stadtrand und einem wenig einladenden Gebäude zu tun hat.

Die Lehrer schreiben, dass sie sich auf den Neustart als Sekundarschule gefreut hätten. Dann aber seien ihnen gewaltbereite Schüler aus anderen Schulen zugewiesen worden, die sie in ohnehin schwierige Klassen hätten integrieren sollen. Schließlich nahmen die Probleme überhand. Die Lehrer schreiben, dass Schüler sogar in den Gängen uriniert hätten. Es gab Angriffe auf Lehrer. Aber es seien nicht genügend Sozialarbeiter da, um darauf angemessen reagieren zu können.

Dass die Situation eskalierte, hat mit einem weiteren Umstand zu tun: Der Schulleiter erkrankte im Jahr 2009 schwer. Erst als er 2010 starb, konnte die Stelle ausgeschrieben werden. Seit dem Beginn dieses Schuljahres ist ein neuer Schulleiter da – ein erfahrener Hauptschulmann aus München, der unter anderem Schulpsychologie studiert hat und Auslandsjahre vorzuweisen hat. Vor allem hat die Bildungsverwaltung schnell auf den Brandbrief reagiert: Ein neuer Sozialarbeiter kommt, die schulpsychlogische Hilfe soll verstärkt werden. Ausgerechnet in dem Moment, da die Schule wieder durchstarten wollte, wurde der Brief am Wochenende der Öffentlichkeit zugespielt.

Auch die GEW ist darüber nicht glücklich. Die Vorsitzende Sigrid Baumgardt fürchtet, dass der Brief jene Familien vergrault, die man braucht, um eine gute Schülermischung zu erreichen. Andererseits hofft Baumgardt, dass er etwas erreicht: „Die Politik sollte endlich verstehen, dass bestimmte Schulen mehr Unterstützung brauchen als andere.“

An der Schule gibt es die Vermutung, dass der Brief von der Opposition an die Öffentlichkeit gebracht wurde, um im Wahlkampf Munition gegen den rot-roten Senat zu gewinnen. Tatsächlich hatte das Kollegium den Brief an die Fraktionen im Abgeordnetenhaus geschickt, aber auch an Neuköllns Bezirksamt und viele andere Adressaten. „Die Lehrer sollen sich nicht wundern, dass ihr Brief dann öffentlich wird“, meint ein Gewerkschafter.

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