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Vergabe der neuen Oberschulplätze: Noch eine Woche Zeit für den Widerspruch

In zehn Tagen läuft die Widerspruchsfrist der Bescheide für die Oberschulplätze ab. Die befürchtete Klagewelle ist bisher ausgeblieben. Juristen beginnen jetzt, nach Verfahrensfehlern zu suchen.

Vor drei Wochen haben die Bezirke die Bescheide für die Oberschulplätze verschickt, aber eindeutige Hinweise auf eine Klagewelle gibt es noch nicht. Selbst in den besonders umkämpften Schulen im Bezirk Tempelhof-Schöneberg gibt es bislang nicht mehr Widersprüche als in anderen Jahren, berichtet Schulplaner Roger Gapp. Allerdings ist die Widerspruchsfrist noch nicht verstrichen – sie gilt vom Zugang des Bescheides an vier Wochen und läuft deshalb noch etwa eine Woche. Bei den Anwälten melden sich weiterhin ratsuchende Eltern.

„Ein Weg zum Erfolg wäre, dass man Verfahrensfehler findet“, beschreibt Rechtsanwalt Alexander Friedhoff die Ausgangslage. Er und etliche andere Juristen werden deshalb jetzt beginnen, Akteneinsicht zu nehmen. Dies bedeutet in diesem Jahr, dass die neue komplizierte Aufnahmeregelung mitsamt dem Losverfahren und den von Schule zu Schule unterschiedlichen Auswahlkriterien unter die Lupe genommen werden muss.

Falls sich kein Verfahrensfehler findet, geht es um das Grundsätzliche – und zwar zum Beispiel darum, „dass Sekundarschulen zu Gymnasien werden“, wie es Friedhoff ausdrückt. Er und viele seiner Kollegen sehen einen Hauptfehler des neuen Aufnahmeverfahrens darin, dass sich Sekundarschulen Kinder mit sehr guten Noten „herauspicken“ dürfen, obwohl sie laut Gesetz eine Schule für alle Kinder sein müssen. Schließlich stünden den leistungsstarken Schülern die Gymnasien offen. „Kinder mit schlechten Noten werden dadurch zu stark benachteiligt“, pflichtet ihm der Schöneberger Anwalt Olaf Werner bei.

Tatsächlich gibt es einige Sekundarschulen, die wegen des neuen Verfahrens leistungsstärkere Kinder aufnehmen können als Gymnasien. Ein Beispiel ist die Gustav-Heinemann-Sekundarschule in Marienfelde: Schulplaner Gapp berichtet, dass hier rund 70 Prozent der künftigen Siebtklässler eine Gymnasialempfehlung haben, während ein Gymnasium in seinem Bezirk seine Plätze nur zur Hälfte mit „Gymnasialempfohlenen“ füllen kann.

Die Senatsbildungsverwaltung lässt diese Argumentation nicht gelten. „Es ist gut und gewollt, dass Schulen allgemeine Leistungskriterien anwenden dürfen. Für einen erfolgreichen Schulabschluss hat Leistung einen hohen Stellenwert – auch in den Sekundarschulen “, hält Sprecherin Beate Stoffers den Kritikern entgegen. Sie geht deshalb nicht davon aus, dass darauf ausgerichtete Klagen zum Erfolg führen werden.

Die Gustav-Heinemann-Schule hatte sich bereits im Vorfeld des Anmeldeverfahrens als „Alternative zum Gymnasium angepriesen, „weil sie eine leistungsfähige Schülerschaft und ein leistungsorientiertes Kollegium hat“. Sie sei ein Ort, „an dem Spitzenschüler gefördert und nicht diffamiert werden“, heißt es im Onlineauftritt. Das wirkte: Es meldeten sich so viele gute Schüler an, dass man letztlich mindestens eine 2,1 als Zensurenschnitt brauchte, um ausgewählt zu werden.

Bislang liegen in Tempelhof-Schöneberg 150 Widersprüche von abgelehnten Schülern vor, was im Vergleich zu anderen Jahren nicht viel ist. Schulplaner Gapp berichtet von rund 250 Widersprüchen, die in seinem Bezirk wegen der vielen beliebten Schulen durchaus üblich seien. Ob es bis zum Ende der Widerspruchsfrist mehr oder weniger als die üblichen 250 sein werden, ist derzeit noch nicht absehbar.

Auch Steglitz-Zehlendorf meldet keine besonderen Veränderungen bei den Widersprüchen: Bislang seien es 56, rund 100 seien es in den Vorjahren letztlich gewesen, berichtet Bildungsstadträtin Anke Otto (Grüne). Auch in Neukölln ist es nicht viel anders: Das Schulamt hat bislang 44 Widersprüche registriert. Wenn sich diese Zahl bis zum Ende der Frist verdoppeln würde, bliebe alles immer noch im Rahmen des Gewohnten. Immerhin musste der Bezirk rund 400 Kindern die Erstwunschschule verwehren und einigen Schülern sogar Schulplätze in Lichtenberg anbieten. In den nächsten Tagen müssen alle Familien mitteilen, ob sie solche Angebote annehmen. Falls nicht, laufen sie Gefahr, an Schulen in Marzahn-Hellersdorf verwiesen zu werden, weil nur hier noch Plätze frei sind. Die Fahrtwege wären entsprechend lang.

Falls die Bezirke Widersprüche ablehnen, bleibt den Eltern der Klageweg. Mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird erst im Laufe der Sommerferien gerechnet. Susanne Vieth-Entus

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