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Berliner Justiz: Senatorin bügelt Staatsanwälte ab

Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue hat sich gegen die Kritik der Vereinigung der Berliner Staatsanwälte verwahrt. Sie hatte einen Staatsanwalt zurechtgewiesen, der über U-Haft als Erziehungsmittel sprach.

Berlin - Von der Aue (SPD) war öffentlich gegen den Oberstaatsanwalt Roman Reusch wegen eines umstrittenen Interviews vorgegangen. Jetzt stellte die Justizsenatorin klar, dass es ihr nie darum gegangen sei, die effektive und gute Arbeit der Staatsanwaltschaft zu kritisieren. Aber Untersuchungshaft könne nicht als Erziehungsmittel eingesetzt werden, sagte von der Aue. Es dürfe auch nicht Sache eines einzelnen Staatsanwalts sein, "in seiner Funktion Privatrechtspolitik zu betreiben". Die Justizsenatorin gab zudem zu bedenken, dass Staatsanwälte bei der Ausübung ihrer Meinungsfreiheit so wie alle Beamten zur politischen Zurückhaltung verpflichtet seien.

Reusch hatte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gesagt, dass jugendliche Straftäter zur Disziplinierung in U-Haft gesteckt werden sollten. Als persönliche Meinung forderte er, dass "sobald sich ein Knabe in die falsche Richtung entwickelt, er eine Konsequenz verspüren muss, die ihm weh tut, und Knast tut weh". Die Justizsenatorin lässt in diesem Zusammenhang disziplinarrechtliche Schritte gegen den Leiter der Spezialabteilung 47 für jugendliche Intensivtäter prüfen.

Die Vorsitzende der Vereinigung der Berliner Staatsanwälte, Vera Junker, hatte daraufhin in einem offenen Brief gerügt, die Justizsenatorin erwecke den Eindruck, dass "in Berlin rechtswidrige Haftbefehle erlassen werden". Diese Äußerungen seien realitätsfern und stellten alle Beteiligten unter einen "ungeheuerlichen Generalverdacht".

Kritik von der Opposition

Die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus kündigte unterdessen an, den Umgang mit Reusch und die Zustände in der Berliner Justiz zum Thema der aktuellen Stunde bei der Plenarsitzung am Donnerstag zu machen. Der CDU-Justizexperte Sven Rissmann sagte, die Justizsenatorin hätte die "unverblümten Vorschläge" des Oberstaatsanwalts zum Ausgangspunkt einer "ehrlichen Problemanalyse" machen sollen. Statt dessen habe sie ihn aber über die Medien gemaßregelt und die "Disziplinarkeule geschwungen".

Der Rechtsexperte der Grünen-Fraktion, Dirk Behrendt, betonte, durch ihre öffentliche Kritik habe die Justizsenatorin die Berliner Staatsanwaltschaft unnötig gegen sich aufgebracht. Das eigene Personal öffentlich zu kritisieren, ohne mit den Betroffenen Rücksprache zu halten, sei schlechter Stil und werfe ein schlechtes Licht auf die Führungsqualitäten von der Aues.

Rückendeckung bekam die Justizsenatorin vom rechtspolitischen Sprecher der Linkspartei/PDS-Fraktion, Klaus Lederer. Er sagte, es sei "justizpolitisch skandalös", wenn ein Oberstaatsanwalt pauschal ganze Stadtteile kriminalisiere. (tso/ddp)

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