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Berlin: Shoppen und segeln

Der Hafen Tempelhof wird zum Erlebnis- und Einkaufszentrum am Wasser ausgebaut

Tempelhof wird Hafenstadt. Gestern wurde der Grundstein gelegt für ein neues Image des Stadtteils. 100 Millionen Euro werden zwei private Investoren ausgeben, um aus einem Hinterhof mit Schrottplatz und maroden Kaianlagen, dem alten Tempelhofer Hafen, eine funkelnde Shoppingperle mit schwimmenden Bühnen, Restaurants mit Wasserblick, einer Handkurbelfähre, Bootsanleger und Tobeland für Kinder zu kreieren. „Ein gigantisches Projekt“, raunte Bezirksbürgermeister Ekkehard Band am Eingang des großen Hafenspeichers. Dort soll in eineinhalb Jahren das neue Zentrum Tempelhofs zu besichtigen sein, eine Miniaturausgabe der Hamburger Binnenalster.

Zehn Jahre haben sie um dieses Projekt gerungen. Die Händler am Tempelhofer Damm wollten zwar, dass der alte Hafen mit seiner Rumpelwirtschaft verschwindet, aber ein großes Einkaufscenter, das ihnen den Umsatz abgräbt, war ihnen auch nicht recht. In einem umständlichen Verständigungsprozess am Runden Tisch einigten sich schließlich alle Beteiligten, darunter auch das benachbarte Kulturzentrum UFA-Fabrik, auf den jetzigen Kompromiss.

Neben einer Einzelhandelsfläche von knapp 20 000 Quadratmetern sollen etwa 10000 Quadratmeter für Unterhaltung, Grünflächen und Flanierwege zur Verfügung stehen, und zwar rund um die Uhr. Eine Steganlage erschließt die Wasserfläche, zwei überdachte Schwimmpontos stehen für Konzerte und Lesungen bereit, die UFA-Fabrik betreibt ein „Kinderland“. Die Handkurbelfähre ersetzt eine historische Brücke zwischen den Molen der Hafeneinfahrt. Der Speicher wird denkmalgerecht saniert, selbst die baufälligen Hafenkräne sollen erhalten bleiben, um den Nostalgiefaktor zu erhöhen. Auf dem Niveau des Tempelhofer Damms entsteht als Entree ein gläserner Hafenpavillon mit Gastronomie und Aussichtsterrasse. Alle Kosten, auch für die nicht kommerziell genutzten Flächen und die Sanierung der Hafenanlagen, übernehmen die Investoren, die „HLG“ aus Münster, ein Immobilienentwickler, und die Deutsche Industriebank AG.

Die Unternehmen versprechen sich eine hohe überregionale Anziehungskraft durch die Hafenatmosphäre und den geplanten Bootsanleger. 30 Anlegeplätze sollen entstehen, 16 davon sind für den Tagesverkehr reserviert. Man kann also, das ist neu in Berlin, mit dem eigenen Boot zum Einkaufen segeln. 75 Prozent der Verkaufsfläche seien bereits vermietet, erklären die Investoren. Hennes & Mauritz, Marktkauf und C&A sind dabei, ebenso ein „großer Fachmarkt für Unterhaltungselektronik“. Rund 400 Arbeitsplätze sollen entstehen.

Zur Grundsteinlegung war auch Juppi gekommen, Revoluzzer-Veteran aus der UFA-Fabrik. Er unterstützt das Hafenprojekt, findet, es sei eine „riesen Bereicherung für die Gegend“. Weniger gut findet er, dass ein Stück weiter nördlich am Rathaus noch ein Shoppingcenter geplant ist. Die UFA-Fabrik hatte früh Ideen geliefert, um den vergessenen Hafen wiederzubeleben. Von Investoren und Bezirkspolitikern bekam Juppi dafür ein Extra-Lob.

Der Tempelhofer Hafen entstand 1906 zusammen mit dem Teltowkanal. Zwei Jahre später kam der Speicher hinzu, eine der ersten Stahlbetonbauten in Deutschland. Im Krieg wurde das Gebäude schwer zerstört. Nach dem Wiederaufbau lagerte dort ein Teil der Lebensmittel-Reserve für West-Berlin. Der alte Speicher wird von einem Neubau flankiert. Etwa 70 Geschäfte haben in beiden Gebäuden Platz. Auf dem Dach des Neubaus entstehen 600 Parkplätze. Der Hafen selbst bleibt exklusiv Fußgängern und Freizeitkapitänen vorbehalten.

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