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Bei einer Presskonferenz stellten die beiden Regierungschefs am Mittwoch die Eckpunkte ihrer Zusammenarbeit vor.

© Soeren Stache/dpa

„Wir sind eine Pandemieregion“: So wollen Berlin und Brandenburg in der Krise zusammenarbeiten

Eine gemeinsame Behörde, Verdopplung der Krankenhausbetten, gegenseitige medizinische Unterstützung. Die beiden Länder rücken in der Coronavirus-Krise zusammen.

Die Uhr läuft. Das war die unmissverständliche gemeinsame Botschaft von Berlins Regierendem Michael Müller und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (beide SPD), als sie am Mittwoch in Potsdam nach einer gemeinsamen Corona–Krisensitzung beider Kabinette im „Brandenburg-Saal“ der Staatskanzlei vor die Presse traten, in einer Einigkeit wie selten vorher. Und in sicherem Abstand zu den Journalisten und Kameraleuten.

Es hänge, so Woidke und Müller, alles von den Berlinern und Brandenburgern ab, nämlich ob die bereits beschlossenen drastischen Einschränkungen eingehalten werden und wie erhofft wirken – oder ob nicht und doch notfalls Ausgangssperren folgen müssen.

„Ich hoffe, dass wir es vermeiden können“, sagte Müller. „Das kann schnell entschieden werden. Und wenn nötig, wird es schnell entschieden.“ Ob es weitere restriktive staatliche Maßnahmen geben müsse, hänge auch davon ab, „wie sich jeder Einzelne verhält“, sagte Woidke.

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Zugleich warnte Brandenburgs Regierungschef vor einem Wettlauf, wer zuerst den nächsten restriktiven Schritt gehe: „Die Handelseinrichtung, die ich zuerst schließen würde, wäre der Jahrmarkt der Eitelkeiten“, sagte Woidke. „In der Politik wird dies wahrscheinlich ein frommer Wunsch bleiben.“

Inzwischen steigt auch in der Hauptstadtregion die Zahl der Infizierten, und das schnell. In Brandenburg gab es bis Mittwoch 159 bestätigte Infektionsfälle, knapp 40 mehr als noch vor 24 Stunden, in Berlin sind es inzwischen 519 bestätigte Fälle.

„Richtig aufzuhalten ist es nicht“

„Wir sind noch am Anfang einer Epidemie. Es fängt jetzt erst richtig an“, sagte Woidke. „Wir sind eine Pandemieregion. Wir werden die Herausforderung nur gemeinsam bewältigen.“ Es gehe weiter darum, die Ausbreitung zu des Virus verlangsamen. „Das gelingt noch. Richtig aufzuhalten ist es nicht“, sagte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD).

Vorher hatten die Kabinette beider Bundesländer knapp zwei Stunden in Potsdam getagt, um das Krisenmanagement bei der Corona–Bekämpfung noch enger aufeinander abzustimmen. Konkret vereinbart wurde demnach, dass das länderübergreifende gemeinsame Landeslabor beider Bundesländer – mit Standorten etwa in Adlershof und Frankfurt/Oder – personell aufgestockt wird.

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Die Corona-Krisenstäbe Berlins und Brandenburgs wollen einen kurzen Draht halten. Berlin mit seinen Universitätsklinken will Brandenburg auch mit Telemedizin unterstützen. „Was Berlin entscheidet, hat Wirkungen in Brandenburg und umgekehrt“, sagte Müller.

Betten auf Intensivstationen sollen verdoppelt werden

Vor allem aber wird in der auch am Mittwoch propagierten „gemeinsamen Gesundheitsregion“ in diesen Tagen darum gerungen, die Zahl der Betten auf Intensivstationen in den Krankenhäusern zu verdoppeln.

Die Einschränkungen, die in Berlin und Brandenburg für das öffentliche Leben gelten, von geschlossenen Kitas und Schulen bis zu vielen Geschäften, sind inzwischen weitgehend identisch. Aber einige wenige Unterschiede gibt es doch, was auch an unterschiedlichen Bedingungen einer Metropole und eines Flächenlandes liegt.

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So sind in Brandenburg – wie in vielen Bundesländern – auch alle Spielplätze von den Behörden gesperrt worden, in Berlin bisher nicht. Müller verteidigte diese bisherige Senatslinie. In der Abwägung gehe es darum, dass in einer Millionenstadt wie Berlin, wo wie in der Gropiusstadt mitunter 50.000 Menschen auf engstem Raum zusammenleben, die Situation anders sei als in einem Flächenland.

Erholungsgebiete in der Stadt erhalten

„Es gibt auch den Rat, dass Menschen rausgehen müssen, um das Immunsystem zu stärken.“ Er schloss einen Schwenk nicht aus und nannte es „in Ordnung, wenn Bezirke anders entscheiden.“ Er sage deutlich, „Freiheiten, die jetzt noch da sind, muss jeder auch verantwortungsvoll nutzen“, in Parks, Grünanlagen, auf Spielplätzen, so Müller.

„Es ist untragbar, dass zu Corona-Partys eingeladen wird“, sagte er. „Und es ist genauso untragbar, wenn Menschen Abstandsregeln nicht einhalten.“ Müller wies darauf hin, dass bei Ausgangssperren auch Parks zu wären und das Tempelhofer Feld geschlossen sein würde. Die Politik in beiden Bundesländern stellt sich inzwischen darauf ein, dass der Corona-Ausnahmezustand länger dauert. „Wir wissen nicht, ob es drei, vier, sechs oder acht Wochen bedeutet“, sagte Woidke. Auch wenn viele erkranken, müsse und werde man sicherstellen, dass die Infrastruktur, der Staat „in Summe“ trotzdem weiter funktioniert.

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