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Ostalgiemesse: Softeis und Seltenes: Ein Besuch auf der Ostpro

Wurstwaren, Alkohol und Süßes locken vor allem Rentner in Scharen. Aber auch Jüngere schmeckten am Wochenende im Velodrom der DDR nach.

Von Fatina Keilani

„Aaah, lecker!“, ruft die Frau, und Mario Müller macht einen Strich auf seiner Liste. Er wirbt mit dem Slogan „Softeis wie früher“ und will überprüfen, ob er da auch nicht zu viel verspricht. Das Softeis kommt von Ilka, einer 30 Jahre alten DDR-Maschine. Ilka steht für „Integriertes System Luft- und Kältetechnischer Anlagen“. Mario Müller ist 33 und damit kaum älter als die Maschine. Vergangenes Jahr fand er Ilka über Ebay in einem Eiscafé in Berlin-Buch und übernahm sie. Er gründete das „Eiskombinat“ und stellte ein gerahmtes Foto von sich als „Held der Arbeit“ auf. Jetzt versorgt er Firmenfeiern und Straßenfeste mit Softeis. Für die Ostpro hat er Ilka aus dem Bus geholt, aus dem er sonst verkauft. Noch bis zum Sonntag 18 Uhr steht er im Velodrom auf der Messe für Ostprodukte, die hier zweimal jährlich stattfindet. Gut 100 Aussteller sind dabei.

Ketwurst und Waffeln

Die Ostpro ist richtig uncool, es gibt dort nichts Hippes, aber sie hat Fans, sogar viele. Am Samstagmorgen bildete sich wie in DDR-Tagen eine riesige Schlange vor dem Eingang, vorbei an Buden mit Ketwurst, Thüringer Bratwurst, Waffeln, aber auch Grillkaminen. Nach einer halben Stunde war man drin. Drinnen dominieren Würste, Süßes und Bier, es ist aber auch Marktschreierware dabei: Scheren, Messer, Pfannen. Alles hier kommt zwar aus dem Osten – aber damit kann auch die Ukraine gemeint sein oder sogar Fernost.

Mario Müller (33) aus Saalfeld in Thüringen mit seiner Original DDR-Softeismaschine.

© Fatina Keilani

Die meisten Besucher sind Rentner, einige Jüngere sind auch da, etwa Familie Schwager aus Woltersdorf. „Wir kommen jedes Jahr“, sagt Ute Schwager. Sie ist Jahrgang 1969 und hat ihren Mann und zwei Kinder dabei. „Wir kaufen immer die Suppen und Soßen von Wela, zum Beispiel die Hollandaise“, sagt sie, und die elfjährige Tochter ruft sofort ein lang gezogenes „Leecker!“. Die Mutter fährt mit der Einkaufsliste fort: „Und Badusan natürlich, das riecht noch genau wie früher.“ Badusan ist ein Schaumbad und keine Marke, die es bis ins Bewusstsein des westdeutschen Konsumenten geschafft hat.

Viele Produkte gibt es gar nicht mehr in Läden

Andere schon, etwa Filinchen, das Knusperbrot, Nudeln aus Riesa – und viele Süßigkeiten: Zetti, Grabower. Ein Mittelding ist Komet. „In der DDR gab es von Komet nur das Eis- und Cremedessert und den Tortenguss“, sagt Vertriebsmann Bodo Rössel, 58. Heute gibt es 55 Produkte, meist Pulver zum Anrühren von Pudding oder Grütze. Viele Dinge sind gar nicht mehr in Läden zu haben, sondern nur noch auf Messen und Märkten. Wela-Suppen zum Beispiel sind sozusagen die Bückware von heute. Am Stand wird sie eifrig gekauft.

Ein Rentnerpaar, Hand in Hand, vermisst „unsere herrliche Bekleidungsindustrie“. Sie wollen Pullover und Hosen, finden aber nichts. Ein Stand hat sogar Unterwäsche. Die Jerseystoffe werden in Sachsen gestrickt und vernäht. Die Kinderunterhose kostet vier Euro, das Hemdchen 3,50 Euro. Von Weitem ähneln sie den gestreiften Sachen der französischen Kindermode-Marke Petit Bateau – von Nahem nicht mehr.

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