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SONNTAGS um zehn: Was Chanel und Tiergarten zusammenhält

Die City-Station der Stadtmission feierte ihr 35-jähriges Bestehen

Der Mann im Anzug saß neben dem Obdachlosen mit dem Schoßhund in der Tasche, das Mikrofon machte Probleme, eine Frau redete ständig dazwischen und ein Mädchenchor aus Britz sang ein Lied von Mendelssohn Bartholdy. Ein lebendiges Chaos herrschte am Sonntag in der City-Station der Berliner Stadtmission in der Joachim-Friedrich-Straße in Wilmersdorf. Das alkoholfreie Restaurant für Wohnungslose, das zugleich Treffpunkt der Stadtmissionsgemeinde Wilmersdorf ist, feierte sein 35-jähriges Bestehen mit einem Festgottesdienst.

„Die Gottesdienste in der City-Station sind wie die City-Station“, sagte Stadtmissionsdirektor Hans-Georg Filker in seiner Predigt. „Hier treffen sich Menschen aus den unterschiedlichsten Milieus, hier mischen sich die Düfte von Chanel und Tiergarten pur.“ Gut 100 Menschen nutzen pro Tag die City-Station, genießen eine warme Mahlzeit, fragen Sozialarbeiter um Rat, besuchen den Bibelkreis der Stadtmissionsgemeinde oder waschen ihre Wäsche. „Das, was das Ganze zusammenhält, ist die Botschaft Jesu: Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“, sagte Filker. Vor dem buntgemischten Publikum redete der Stadtmissionsdirektor Klartext: Immer wieder treffe er auf Menschen, die ihm sagten, sie seien zwar gläubig, aber aus der Kirche ausgetreten, weil sie mit ihr nichts mehr zu tun haben wollten. „Das ist doch aber so, als wenn ein Apostel gesagt hätte: Lieber Jesus, ich komme zu dir, aber ganz privat, denn mit dem Großmaul Petrus da drüben will ich nichts zu tun haben.“ Christen könnten sich die Familie Gottes nun einmal nicht aussuchen. Am Sonntag allerdings feierte die ganze Familie ein fröhliches Fest: Menschen, die einst obdachlos waren und dank der Stadtmission nun ein Dach über dem Kopf haben, trafen auf die Helfer von damals. Benjamin Lassiwe

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