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Berlin: Sozialamt Neukölln: Beamte verweigerten Akten-Bearbeitung

Möglicherweise einige Hundert Sozialhilfeempfänger in Neukölln müssen neue Anträge auf Unterstützungsleistungen stellen. Dabei wurden ihre Akten schon seit Monaten nicht bearbeitet, da die zuständigen Mitarbeiter krank waren oder anderweitig ausfielen (der Tagesspiegel berichtete).

Möglicherweise einige Hundert Sozialhilfeempfänger in Neukölln müssen neue Anträge auf Unterstützungsleistungen stellen. Dabei wurden ihre Akten schon seit Monaten nicht bearbeitet, da die zuständigen Mitarbeiter krank waren oder anderweitig ausfielen (der Tagesspiegel berichtete). Als die Unterlagen nun an andere Beamte verteilt werden sollten, weigerten diese sich, sie zu bearbeiten: Sie fürchteten Fehlentscheidungen, für die sie Schadenersatz zu leisten hätten.

"Die Mitarbeiter des Sozialamts waren und sind in Sorge, dass sie die neuen Akten nicht sorgfältig genug bearbeiten können", sagt die Juristin der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Beate Schuh. Die Unterlagen kämen teilweise einer "Lose-Blatt-Sammlung" gleich. "Die Mitarbeiter müssten sich zwei bis drei Stunden einlesen, um mit dem, ihnen vollkommen fremden, Fall vertraut zu werden", erläutert die Leiterin des Verdi-Referats Rechtsschutz. Diese Zeit hätten die Beamten angesichts Arbeitsüberlastung aber nicht. Schon ohne die neu verteilten Akten sei die Rate der von einem Sozialamtsmitarbeiter gleichzeitig zu bearbeitenden Fälle mit bis zu 200 die höchste in Berlin. Verdi habe den Betroffenen daher zur Ablehnung der Übernahme der zusätzlichen Akten geraten. Nach Angaben von Beate Schuh wurde der Konflikt gelöst, indem man sich amtsintern darauf einigte, die betroffenen Vorgänge wie Neufälle zu behandeln. Also sind neue Anträge erforderlich.

Neben dem Personalmangel im Sozialamt sind es offenbar auch die Nachwirkungen eines mehrere Jahre zurückliegenden Betrugsfalles, die zu dem Widerstand der Beamten führten. Damals konnte ein Mitarbeiter eine knappe halbe Million Mark auf die Seite bringen, da die behördeninterne Kontrolle mutmaßlich nicht ausreichend war. Gegen einige der beteiligten Beamten laufen seitdem Klagen des Landes Berlin auf Schadenersatz wegen grober Fahrlässigkeit. Dieses Risiko, bei einer Fehlentscheidung in Arbeitnehmerhaftung genommen zu werden, sei angesichts der unübersichtlichen Aktenlage nach der Umverteilung "immens hoch gewesen", sagt Schuh.

Der Personalrat des Sozialamtes wollte sich nicht zu den Vorgängen äußern.

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