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Sozialgericht entscheidet: Treberhilfe gewinnt gegen Senat

Das Sozialgericht kippte überraschend die Streichung der Gelder für Straßenarbeit und Obdachlosenhilfe. Das Unternehmen hat schon wieder einen neuen Geschäftsführer.

In der Aufarbeitung der Treberhilfe-Affäre hat Sozialsenatorin Carola Bluhm, (Linke) eine empfindliche Niederlage erlitten. Ihre Entscheidung, der Treberhilfe Gelder für Straßenarbeit und Obdachlosenhilfe zu streichen, ist vom Sozialgericht überraschend gekippt worden. Die Senatorin habe ihre Behauptung, die Geschäfte der Treberhilfe seien unsachgemäß geführt worden, nicht belegt, erklärte das Gericht. Bluhm will Beschwerde gegen das Urteil einlegen und eine Begründung nachliefern.

Ungeachtet des Urteils will der Senat die Zuwendungen an die Treberhilfe zum Jahresende einstellen. Mit dem Betrieb zweier Beratungsstellen und der Sozialarbeit an mehreren Bahnhöfen der Stadt würden wie geplant zwei andere freie Träger beauftragt, sagte die Sprecherin der Sozialverwaltung, Anja Wollny, der Nachrichtenagentur epd.

Auch persönlich könnte der Sozialsenatorin weiteres Ungemach drohen. Die Treberhilfe wirft ihr vor, Mitarbeiter abgeworben zu haben, um den reibungslosen Übergang von Sozialprojekten auf andere Träger zu gewährleisten. Sollte sich der Verdacht erhärten, könnte das Schadensersatzforderungen nach sich ziehen, sagte Treberhilfe-Anwalt Michael Schultz. Oliver Schruoffeneger, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen, bestätigte die Vorwürfe indirekt. Die Senatorin habe „laut Abgeordnetenhausdebatte“ Gespräche „mit dem Ziel der Abwerbung zu einem neuen Träger“ geführt. Damit habe sie gegen die „Treuepflicht“ verstoßen. Eine Sprecherin von Bluhm räumte Gespräche ein, diese seien aber auf Initiative der Treberhilfe-Mitarbeiter geführt worden.

Seit Monaten untersucht eine Kommission, besetzt mit Experten von Senatsverwaltung und Wohlfahrtsverbänden, das Geschäftsgebaren der Treberhilfe. Für den Herbst war ein Bericht angekündigt, der bis jetzt auf sich warten lässt. Offenbar ist es äußerst schwierig, dem Auslöser der Affäre und ehemaligen Treberhilfe-Chef Harald Ehlert eindeutiges Fehlverhalten nachzuweisen. Dass er einen Maserati als Dienstwagen fuhr, ein Wassergrundstück in Caputh auf Geschäftskosten ausbauen ließ und sich ein fürstliches Gehalt genehmigte, ist rechtlich kaum angreifbar.

Dass die Treberhilfe weiterhin in Turbulenzen ist, zeigt der vorzeitige Abgang des vierten Chefs seit Ehlerts halbherzigem Rückzug, Frank Biskup. Der sagte, er erwäge den Aufbau einer eigenen Gesellschaft, die ebenfalls Obdachlose mit Hilfe und Unterkünften auffangen will. Einen Partner mit dem erforderlichen Kapital gebe es. Die Vorbereitungen liefen.

Biskups Nachfolger Gideon Joffe, der fünfte Mann auf diesem Posten, stellte sich gestern vor. Der ehemalige Vorsitzende der Berliner Jüdischen Gemeinde glaubt, sich anders als seine Vorgänger mit dem im Hintergrund agierenden Ehlert arrangieren zu können. Als Unternehmensberater für die Arbeiterwohlfahrt habe er Erfahrung mit „Organisationen, die sich in Not befinden“, sagte der 38-Jährige. Deshalb habe er der Treberhilfe seit Monaten wiederholt seine Mitarbeit angeboten. Als der bisherige Geschäftsführer Frank Biskup vorzeitig sein Amt aufgab, fiel die Wahl auf ihn. Ob die Treberhilfe dem von Senatorin Bluhm angekündigten „Transparenzkodex“ für soziale Organisationen nachkommt, ließ Joffe offen. Die Umsätze der Treberhilfe seien stabil, erklärte Prokurist Andreas Hertzsprung. 49 Mitarbeiter wurden in den vergangenen Monaten eingestellt. Offenbar hatten mindestens so viele Treberhelfer gekündigt.

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