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Berlin: Sozialhilfe nach Mallorca nur bei Lebensgefahr Verwaltung prüft genau, bevor Auslandshilfe bewilligt wird

Es scheint so simpel zu sein: Einfach nach Florida oder Gran Canaria auswandern, den Bauch in die Sonne halten und fürs Nichtstun Sozialhilfe aus Deutschland kassieren. Aber ganz so einfach ist es denn doch nicht.

Es scheint so simpel zu sein: Einfach nach Florida oder Gran Canaria auswandern, den Bauch in die Sonne halten und fürs Nichtstun Sozialhilfe aus Deutschland kassieren. Aber ganz so einfach ist es denn doch nicht. Vor dem erhofften Genuss steht ein aufwändiges Antragsverfahren in der deutschen Botschaft oder im Konsulat. Deren Mitarbeiter prüfen, ob tatsächlich eine Notlage besteht - und das heißt seit den 1995 geltenden Gesetzen: Lebensgefahr. Zum Beispiel, weil eine dringend notwendige medizinische Behandlung bezahlt werden muss oder ein im Ausland Inhaftierter Lebensmittel benötigt. Entschieden wird dann nach Aktenlage in einem deutschen Sozialamt. In Berlin ist dafür das Sozialamt Steglitz-Zehlendorf zuständig.

Als „außergewöhnlicher Notfall“ gilt beispielsweise jeder der etwa ein Dutzend Sozialhilfeempfänger, die in thailändischen Gefängnissen einsitzen. Manche von ihnen seien über die harten Drogengesetze in dem fernöstlichen Land gestolpert, heißt es aus dem Sozialamt. Da sie als Ausländer im Knast nicht einmal Anspruch auf Nahrung hätten, springe in diesem Fall Deutschland mit der so genannten Gefangenenhilfe ein.

Oder die alte Dame, die seit 40 Jahren in Argentinien lebt, schwer stürzte und dringend eine teure Klinikbehandlung brauchte. Die könne man doch nicht einfach nach Deutschland zurückholen.

Die dann gewährten Beihilfen orientieren sich an den meist wesentlich niedrigeren Lebenshaltungskosten in den Aufenthaltsländern, sagt Manfred Imlau, Leiter des Sozialamtes Steglitz-Zehlendorf. Außerdem übernimmt das Amt zum Teil auch die Mieten und Nebenkosten für die Wohnung.

Der größte Anteil der Hilfeempfänger lebt in der Schweiz: rund einhundert der von Berlin verwalteten 160 Sozialhilfeempfänger. Und für diese zahlt Deutschland auch die höchsten Beträge, weil die Lebenshaltung dort teurer als hierzulande ist – und weil über die Höhe der Leistungen die schweizerischen Behörden entscheiden. Deutschland muss die Summe voll ersetzen, auch wenn es selbst eine niedrigere Zahlung für angemessen hielte. Das regelt ein 1952 geschlossenes Fürsorgeabkommen, nach dem jeder Deutsche mit Wohnsitz in der Schweiz dort Sozialhilfe beantragen kann.

Die meisten von ihnen seien „Altfälle“, die schon seit mehr als acht Jahren Hilfe zum Lebensunterhalt bekämen, sagt Amtschef Imlau. Darunter sind rund 40 Personen, die während des Dritten Reiches aus Deutschland fliehen mussten und im Ausland in Not gerieten – zum Beispiel, weil sie nur eine kleine Rente bekommen.

Im Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf ist eine Sachbearbeiterin nur mit den Fällen von im Ausland lebenden Deutschen beschäftigt – vor allem damit, die Anträge abzulehnen. Im Amt ist man immer wieder überrascht über die Dreistigkeit, die mancher Antragsteller an den Tag lege. Zum Beispiel ein 30-jähriger ehemaliger Berliner, der nach Gran Canaria auswanderte, dort keine Arbeitsstelle fand und schließlich sogar ohne Krankenschutz dastand. Oder eine Alkoholikerin, die auf Mallorca lebte und dort nicht auf die Füße kam. Beide stellten einen Antrag auf Sozialhilfe. Man beschied ihnen, was man vielen vergleichbaren Antragstellern beschied: „Wenn Sie in dem von Ihnen gewählten Land keine Lebensgrundlage finden, dann müssen Sie eben nach Deutschland zurückkehren.“

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