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Das Tempelhofer Feld ist bei allen Berlinern beliebt.

© dpa

Tempelhofer Feld: Spaziergang über Berlins "große Freiheit"

Auf dem ehemaligen Tempelhofer Flughafengelände herrscht in der Freizeit die große Freiheit. Wer hier unterwegs ist, will, dass das so bleibt.

Das Feld macht freundlich. Wen immer man dieser Tage auf der „Tempelhofer Freiheit“ nach seiner Meinung über die Zukunft des Geländes fragt – man hört nur Gutes. Über das Feld. Über Berlin. „Ich kenne keine einzige Stadt, die so was hat“, sagt eine junge Frau, die es sich mit ihrer Freundin und deren kleiner Tochter auf einer Bank am östlichen, dem Neuköllner Ende der Tempelhofer Freiheit nett gemacht hat. Dann fällt das Wort, das alle irgendwann verwenden: „Diese Weite. Einzigartig!“

Wie immer, wenn das Wetter nicht miserabel ist, wird das ehemalige Flugfeld zum Panorama modernen Freizeitverhaltens, zur Schaustelle der Berliner Freiheit. Die üblichen Jogger und Rennradler, Leute, die ihre Lenkdrachen in den hohen Himmel steigen lassen, Spaziergänger. Auf der nördlichen Landebahn ein junges Paar, er auf dem Longboard, angetrieben vom ungebremsten frischen Wind, sie läuft nebenher. Und überall auf den Wiesen entspannt wirkende Leute, liegend, redend, träumend.

Drei nicht mehr ganz junge Männer machen irgendwo am Rand der südlichen Landebahn den Anfang eines Klassentreffens. Vor Jahren sei er mal hier gewesen, sagt einer, und dass er in Sachen Volksentscheid in zwei Wochen „noch unentschieden“ sei. Sein Ex-Klassenkamerad sagt, er habe sich mal die Baumodelle angesehen. Die sind in der „Schaustelle“ am Eingang zum Gelände am Tempelhofer Damm zu sehen. Sein Schluss: „Das Ganze verliert dann seinen Charme.“ Genauso sieht es auch der dritte Mann.

Insgesamt drei auch am Wochenende geöffnete Pavillons auf dem Gelände geben einen ersten Eindruck davon, was der Senat mit der Tempelhofer Freiheit vorhat. Das dreidimensionale Massemodell in dem Pavillon, der der Bauplanung gewidmet ist, zeigt deutlich, was von der Tempelhofer Freiheit noch bliebe, würden an den Rändern des Feldes Gewerbebauten und Wohnhäuser entstehen.

Der Pavillon an der Neuköllner Seite des Geländes ist der Bürgerbeteiligung gewidmet. An einer Pinnwand kann man auf gelben Zetteln seine Meinung dazu ankleben. Auf 90 Zetteln meint es nicht einer gut mit SPD-Stadtentwicklungssenator Michael Müller und mit dem gesamten Senat.

Auch das hat mit dem Gefühl von Freiheit zu tun, das dieses Gelände erzeugt. Eine Neuköllnerin, mit ihrer kleinen Tochter unterwegs, sagt über sich, sie sei Anwohnerin, sie möge das Feld, „weil wirklich jeder hierhin kommt“. Und sie mag es, weil sich die Leute das Gelände „erobert“ hätten. Dabei weist sie hinüber zu den anarchischen Gärten der Schillerkiezbewohner. „Da sitzen sogar die alten türkischen Mütterchen.“ Würde gebaut, wie Müller es wolle – gerade an der Neuköllner Seite –, dann wäre das „ein kompletter Kiez, der kommt“, sagt die Frau. Ein Gebäudeensemble zwei Querstraßen tief, das ist schon was. Ob sie denn Leute kenne, die für die neuen Wohnhäuser sind? Sie überlegt. „Eigentlich nicht.“

Eine gesunde Portion Skepsis

Ein paar Krähen passieren die Landebahn im Tiefflug. Weiter südlich fahren drei Männer mit ihren Modellautos ein Beschleunigungsrennen, natürlich elektrisch. Eine Familie mit zwei Kindern hat sich am Rand der Südbahn auf die Wiese gesetzt, der Fahrradhänger für die beiden kleinen Kinder schützt ein bisschen gegen den Wind. Sie kommen aus Kreuzberg, sagt er, Designer von Beruf, und dass er nicht prinzipiell gegen Bebauung sei.

Die dreidimensionale „Visualisierung“ der Bauvorhaben sei „nicht so schlecht – aber wenn man das dann einmal anfängt ...“ Dann wirke das Gelände bald wieder wie „gemacht“. Sie, Juristin, ist skeptischer. Sie könne sich vorstellen, was zum Beispiel aus der Grillfläche wird, wenn der Qualm den künftigen Anwohnern über die Terrasse zieht. Er sagt, dass er vielleicht nur deshalb nicht ganz gegen die Baupläne sei, weil er sich vorstellen kann, hier zu wohnen. Kreuzberg werde immer enger.

Frank, mittelalter Schöneberger mit Irokesenschnitt, hat sein Tai-Chi-Training mit zwei Freunden beendet. Dem kleinen Ghettoblaster entströmt sanfte Musik. „Wir wollen es eigentlich so haben, wie es jetzt ist“, stellt er fest. Dann, mit einem Grinsen: „Wehret den Anfängen!“

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