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Eva Högl, SPD-Bundestagsabgeordnete, hielt eine Gastpredigt in der Charlottenburger Luisenkirche.

© dpa/picture-alliance

Sonntags um zehn: SPD-Abgeordnete Eva Högl predigt in der Charlottenburger Luisenkirche

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl hielt eine Gastpredigt in der Charlottenburger Luisenkirche. Sie sprach über Toleranz und wie anstrengend diese auch sein kann.

„Jesus ist kommen“, heißt es im Epiphanias-Lied, „erzählt’s den Heiden.“ Das Lied wird nach dem 6. Januar in vielen Gottesdiensten gesungen. Es macht deutlich, dass es im Christentum an Überheblichkeit den „Ungläubigen“ gegenüber nicht mangelte. Auch heute wähnen sich nicht wenige Christen auf der obersten Stufe der Himmelsleiter. Was also kann der christliche Glaube zur Toleranz beitragen? Um diese Frage ging es am Sonntag in der Charlottenburger Luisenkirche. Die Gemeinde hatte dazu die SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl als Gastpredigerin eingeladen.

Die 46-Jährige stammt aus Niedersachsen und engagierte sich nach der Konfirmation in der evangelischen Jugendarbeit. Das machte ihr so viel Spaß, dass sie sich über die Kirche hinaus gesellschaftspolitisch einsetzte und mit 18 Jahren in die SPD eintrat. Sie hat ihren Wahlkreis in Berlin-Mitte, wo viele Kulturen und Religionen aufeinandertreffen. Auch war sie Sprecherin der SPD im NSU-Untersuchungsausschuss.

Mehr als Toleranz

„Die Anschläge in Paris galten uns allen“, setzte Eva Högl am Predigtpult an. „Es war ein Angriff auf unsere offene Gesellschaft mit dem Ziel, die Gesellschaft zu spalten.“ Das werde man nicht zulassen, man dürfe nicht die große Mehrheit der friedfertigen Muslime für den Terror verantwortlich machen. Das haben fast alle Politiker betont. Doch Eva Högl missbrauchte die Einladung in die Kirche nicht als Einladung zum Polit-Gephrase.

Toleranz, nach dem lateinischen „tolerare!, bedeutet „erdulden, ertragen“. Menschen mit anderen Meinungen, Kulturen, Glaubensüberzeugungen lediglich zu „ertragen“, reiche aus christlicher Sicht aber nicht aus, sagte Högl. Der Apostel Paulus habe den Christen in Ephesus geschrieben: „Ertragt euch gegenseitig in Liebe.“ Und die römische Gemeinde forderte er auf: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.“

Bunte Mischung beim Gottesdienst

Man müsse andere in ihrem Anderssein akzeptieren und sich für dieses Anderssein interessieren und sich kennenlernen, folgerte Högl aus Paulus’ Sätzen. Dabei helfe es, einen eigenen Glauben zu haben und ihn zu bekennen. „Für Toleranz brauchen wir nicht weniger Glauben, nicht weniger Religion in der Gesellschaft, sondern mehr Religion“, betonte Eva Högl. Toleranz sei aber nicht grenzenlos. Wenn andere Toleranz für ihre intoleranten Taten, für Hass und Gewalt ausnutzten, sei Schluss mit Dialog und Toleranz.

Nach der Predigt betete die Gemeinde das Vaterunser und reichte sich zum Friedensgruß die Hände. In manchen Kirchen bleibt es beim Händeschütteln mit den Nachbarn rechts und links. Nicht so in der Luisenkirche. Hier werden auch Hände in der vorderen und der hinteren Bankreihe gedrückt. Viele treten heraus, begrüßen sich im Mittelgang. Auch einige syrische Christen sind gekommen. Man wünscht sich hier und in anderen Gemeinden eine noch viel buntere Mischung. Doch echte Toleranz, auch das hatte Eva Högl gesagt, ist manchmal eben doch „ganz schön anstrengend“.

Claudia Keller

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