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25 Jahre Siegessäule: Anders und stolz drauf

Sie ist eines der größten schwul-lesbische Magazine Europas: die "Siegessäule". Vor 25 Jahren wurde das Flaggschiff der Homosexuellen-Bewegung gegründet, das beinahe ganz anders geheißen hätte. Und eine Party gibt's natürlich auch.

Muskeln, Torten, Leder und Lametta: Die Reihe der fast 300 Titelbilder der „Siegessäule“ wirkt wie eine fast immer fröhliche, oft aber auch sozialkritische Illustration der Schwulenbewegung: Im Gründungsjahr 1984 zeigte das Cover des Berliner Stadtmagazins den ersten bekennenden homosexuellen Stadtrat von San Francisco, Harvey Milk, und ein Sonderheft über Aids kam damals heraus. 1989 war das erste verheiratete schwule Pärchen auf dem Titelblatt, neun Jahre später der erste Transsexuelle. Und die Geburtstagsausgabe der „Siegessäule“ zum 25. in diesem Jahr ziert eine riesige Torte. Gründe zum Feiern bei der großen Queer-Palastparty heute im Admiralspalast mit der Band Klee und vielen DJs gibt es genug.

„Das Magazin hat viel zum Aufbau der schwulen Infrastruktur der Stadt beigetragen“, sagt Mitgründer Karl Heinz Albers, der heute für die Schwulenberatung Berlin tätig ist. Im Frühjahr 1984 hatten er und rund zehn weitere Mitglieder der homosexuellen Community in West-Berlin die „Siegessäule“ gegründet. Drei Tage lang dauerte das Brainstorming zur Namensfindung, Vorschläge wie „Pink Panda“ und „Offene Beine“ wurden verworfen und der bis heute existierende Name, ein Pro-Berlin-Statement mit phallischer Symbolkraft, war geboren. Eine Mark kosteten die 16 Seiten der ersten Ausgabe in einer Auflage von knapp 1000 Exemplaren. Erst wollte man nur eine Übersicht über schwule Veranstaltungen bieten, doch schnell war klar, dass es mehr zu publizieren gab als Terminhinweise: Es war die Zeit, in der sich zaghaft ein homosexuelles Selbstbewusstsein in der Öffentlichkeit bildete, zu dem die „Siegessäule“ mit ihren Berichten über schwule und lesbische Prominente, Schwule unter Nazis, Türken oder in der Bundeswehr, queere Partys und trashige Rubriken wie „Tante Magnesia", eine Art schwules „Dr. Sommer Team“, beitrug. Einen großen Aufschwung in Ost- und Westberlin erlebten das Blatt und die Community nach 1994, als der „Schwulenparagraph“ 175 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wurde.

In den Achtzigern wurde aber auch die Immunschwächekrankheit Aids immer bekannter, doch fehlte es an seriöser, aufgeklärter Berichterstattung gegen die mit dem Thema verbundene Angst und Unwissenheit. Nicht zuletzt aufgrund ihrer eigenen Bedürfnisse nach sicheren Erkenntnissen wurden viele der „Siegessäule“-Autoren daher zu Experten in Sachen HIV. Eine der ersten Überschriften lautete 1984: „Aids heißt helfen“, und in Interviews kämpften Prominente wie Inge Meysel gegen Stigmatisierungen: „Aids ist keine Schwulenkrankheit.“

Offiziell lesbisch wurde das Magazin, das heute den Untertitel Lesbisch-Schwules Stadtmagazin trägt, erst 1996. Ziel der damaligen Chefredakteurin Manuela Kay war es damals wie jetzt, ein Blatt für alle Geschlechter zu machen. Mittlerweile wird das Magazin allein über Anzeigen finanziert, die monatliche Auflage liegt bei knapp 50 000 und macht die „Siegessäule“ damit zu einer der auflagenstärksten Publikationen dieser Art in Europa.

Der neue Chefredakteur Sirko Salka, der seit Juni 2008 die sechsköpfige Redaktion am Tempelhofer Ufer leitet, weiß um die große Bedeutung des Magazins. Dem Vorwurf einiger Kritiker, man finde fast nur noch Partythemen im Blatt, will Salka aktiv begegnen: „Wir werden jetzt wieder politischer – aber ohne unsere breite Leserschaft zu verlieren.“ Eva Kalwa

Geburtstagsparty heute im Admiralspalast, Friedrichstraße 101, 22 Uhr, 14 Euro

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