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© Doris Spiekermann-Klaas

Admiralspalast: Die größte Swing-Party: Zurück in die Zwanziger

Heute Abend lädt der Admiralspalast zu Deutschlands größter Swing-Party. 1500 Tänzer feiern mit.

Der Jack-Russel-Terrier macht einen Riesensatz und landet auf der Schulter seines Herrchens. Diese Schulter steckt in einem sehr eleganten, dunkelroten Anzug, aber Wolfgang Sinhart lächelt weiter sein verschmitztes Lächeln unter dem dunkelgrauen Schnurrbart. Und setzt sein Gespräch mit zwei ebenso eleganten Menschen in zweireihigen Anzügen fort. Die drei stehen im Balkonfoyer des Admiralspalastes mit den großen Spiegeln und dem langen Bartresen. Es könnte das Jahr 1926 sein. Damals tanzten im Admiralspalast Revuegirls, und die Besucher müssen etwa so ausgesehen haben wie diese drei.

Tatsächlich reist am heutigen Sonnabend der ganze Admiralspalast in seine Vergangenheit zurück. Für den „Swing Royal Ball“ werden alle Sitze entfernt – und aus dem Theater wird ein Ballhaus. Bis zu 1500 Gäste erwarte man, sagt Michael Boehl. Mit Seitenscheitel und angedeuteter gegelter Tolle steht er neben Wolfgang Sinhart, mit dem er gemeinsam die Swingpartys im Admiralspalast organisiert, vier Stück pro Jahr. 2007 startete die Reihe. Der dritte Gesprächspartner ist am elegantesten gekleidet: Nadelstreifen-Knickerbocker, dazu Gamaschen an den Waden, schwarz-weiße Herrenschuhe, unter dem Borsalino-Hut kommen zwei rund gezwirbelte Strähnen hervor. „In Hamburg werde ich oft gefragt, ob ich ein Mann oder eine Frau bin. In Berlin wollen sie nur wissen, ob ich auf dem Weg zum Swingtanzen bin“, sagt Swantje Harmsen, die in beiden Städten lebt und heute Abend als Djane Swingin’ Swanee auflegt.

Erotische Burlesque

Bei der Party ist sie nicht die einzige Attraktion: Da gibt es die erotischen Burlesque-Tänzerinnen Eve Champagne und Eden, die Stepptänzerinnen von der Truppe der „Sohl-Girls“ und vor allem die Liveband wie die Smoky-Joe-Combo aus Südfrankreich. Das Partymotto: „Vive le Swing“. „Es lebe der Swing“, übersetzt Swantje Harmsen, und man hört ihrer Stimme an, dass ihr der Satz gefällt. Kein Wunder, ganz offensichtlich ist es auch irgendwie ihr Lebensmotto. Harmsen ist 43 und begann schon mit 17, die Anzüge und Hüte ihres Großvaters zu tragen. Und sie hörte seine alten Schallplatten: „Ich liebte die Musik sofort, ohne zu wissen, dass es Swing war.“ In den Achtzigern war sie oft in Amerika und erlebte dort ihre ersten Swingpartys, in den Neunzigern begann sie, selbst aufzulegen. Aber zum Swing gehört nicht nur das Zuhören, sondern auch das Selbertanzen: Lindy Hop und Charleston würden immer beliebter, sagt die Djane. „Weil sie nicht so spießig wie Foxtrott sind, sondern wilder und schwieriger. Wer einmal Feuer gefangen hat, will immer wieder tanzen.“

Und wer Swing liebt, der mag anscheinend auch Berlin. Swantje Harmsen sagt, sie kenne einen Musiker aus Harlem, der gerade nach Berlin gezogen sei, „weil in New York in der Szene viel weniger los ist.“ Und Wolfgang Sinhart erzählt, er sei vor kurzem von der BBC interviewt worden – über die neue „Swinghauptstadt der Welt: Berlin“. Swingtanzen könne man hier inzwischen jede Woche irgendwo, etwa in Clärchens Ballhaus oder im White Trash. Eine Party in der Größenordnung ihrer eigenen finde man aber in ganz Deutschland kein zweites Mal.

Bohème = Berlin

Swing sei eine Musik für die Bohème, und die gehöre traditionell zu Berlin, sagt Swantje Harmsen. Natürlich wolle man an die zwanziger Jahre anknüpfen, an das „goldene Zeitalter, als man neue Formen des Entertainments entdeckte“. Beim letzten Mal sei die „ganze Clubszene Berlins bei uns am Start“, erzählt Boehl. „Menschen mit Stilgefühl fühlen sich in der Swingszene schnell heimisch.“ Und das Stilgefühl ist es wohl, das ihn mit Sinhart und Swingin’ Swanee verbindet. Nicht nur ihre Outfits, auch die Party ist stilecht bis ins letzte Detail, für die Farben und das Papier der Plakate etwa haben sie lange recherchiert, bis es ihnen authentisch genug vorkam. Und die Gäste sind Teil der Show: „Ohne sie in ihren besonderen Kostümen würde die Party nicht funktionieren“, sagt Boehl.

Einlass ist ab 20 Uhr, Karten gibt’s ab 20 Euro unter Tel. 47 99 74 99, weitere Infos unter www.admiralspalast.de.

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