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Aktionswochen gegen Rassismus: Trainingsplatz gegen Ausgrenzung

Mehr als fünf Prozent der Jugendlichen sind rechtsextremen Organisationen aktiv - da scheinen die Aktionswochen gegen Rassismus. Heute eröffnet eine interaktive Ausstellung für das junge Publikum.

Der Badeanzug ist feucht und riecht nach Schwimmbad. „Ich habe ihn extra in Chlorwasser getaucht“, sagt Petra Schlie und lacht. Sie steht auf blauen Kacheln – wie auf dem Grund eines Beckens. Doch das hier ist keine Schwimmhalle, sondern die Ausstellung „Trainingsplatz“ im Erdgeschoss eines Hochhauses am Platz der Vereinten Nationen, und Petra Schlie ist die künstlerische Leiterin des Projekts, das vom Verein „Gesicht zeigen“ organisiert wird.

An diesem Donnerstag ist die Ausstellung einmalig für die Öffentlichkeit zugänglich und so Teil der „Aktionswochen gegen Antisemitismus“. Was aber hat ein Badeanzug mit Antisemitismus zu tun? „Wir wollen Jugendliche kriegen, die sonst keinen Bezug dazu haben“, sagt Petra Schlie. „Und zwar über Lebenswelten, die ihnen vertraut sind.“ Ein Projekt also, das notwendiger denn je erscheint – nachdem das Innenministerium am Dienstag eine Studie veröffentlichte: Mehr als fünf Prozent aller Jugendlichen seien in rechtsextremen Organisationen aktiv, heißt es. Und 14 Prozent der 15-jährigen Deutschen seien „sehr ausländerfeindlich“.

Daran ändert der Badeanzug allein nichts. Doch neben dem feuchten Stück Stoff läuft auf einer Leinwand ein Drei-Minuten-Film, in dem eine alte Dame durchs Stadtbad Schöneberg geht und erzählt, wie sie dort 1933 schwimmen lernte: Ihr Lehrer schleuste sie mit hinein, obwohl Jüdinnen wie ihr der Zugang verboten war. Der Film von Robert Thalheim ist bunt und fröhlich. Man sieht planschende Mädchen. „Das ist genau der richtige Ansatz, um Jugendlichen die Ausgrenzung damals begreiflich zu machen“, sagt Sophia Oppermann, Geschäftsführerin von „Gesicht zeigen“. Bei vielen mache es danach „klick“: „Und die durften wirklich nur deshalb nicht da rein, weil sie Juden waren?“, fragen sie erstaunt. Petra Schlie und Sophia Oppermann haben das bei Workshops erlebt: Seit sechs Wochen arbeiten Theaterpädagogen mit Jugendgruppen mit dem „Trainingsplatz“ als „Szenenbild“. Außer den Schwimmbad-Requisiten gibt es in vier Räumen auch noch Matten und Bänke wie in einer Turnhalle und Hula-Hoop-Reifen – alles ist zum Benutzen da. Der Theaterregisseur Tamer Yigit hat mit diesen Requisiten und fünf türkischstämmigen Jugendlichen ein 15-Minuten-Stück über Ausgrenzung inszeniert: „Fackellauf“ ist am Abend zu sehen. Daniela Martens

Die Ausstellung am Platz der Vereinten Nationen 1 in Friedrichshain ist heute ab 16 Uhr geöffnet, das Theaterstück „Fackellauf“ beginnt um 19 Uhr, Eintritt frei.

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