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Auf ein Glas mit: Stipe Erceg

Schauspieler Stipe trinkt seinen Cappuccino am liebsten in seiner Stammkneipe im Prenzlauer Berg.

Sorgfältig häuft Stipe Erceg Tabak auf ein Blättchen, leckt kurz daran, klebt die Papierenden aufeinander und zündet sein Werk an. Gerade hat er keinen Einsatz als Großstadtrevolutionär, Selbstmordattentäter oder RAF-Terrorist. Und hat deshalb Zeit, unter der geblümten Markise des „Focaccia King“ in Prenzlauer Berg zu sitzen. Wenn Erceg seine beiden Kinder in den Kindergarten gebracht hat, kommt er vormittags oft hierher. Mit hochgezogenen Schultern hockt der 34-Jährige auf einer der Bierbänke auf dem Bürgersteig der Danziger Straße, und der Besitzer bringt ihm einen Cappuccino. Die beiden sind befreundet. „Gestern Abend war ich auch auf ein paar Bier hier“, sagt Erceg. Abends beobachte er gern das „Durchlaufpublikum, das sich an der Eberswalder trifft“. Oder er sitzt drinnen auf einem alten Küchenstuhl, in dem kleinen, schlicht, aber liebevoll eingerichteten Lokal – unter einer schief hängenden alten Radierung mit religiösem Motiv im abgewetzten Flohmarktrahmen.

Eine junge Frau geht an der kleinen Terrasse vorbei, man sieht ihrem verschämtem Lächeln an, dass sie den kroatischstämmigen Schauspieler erkennt. Vielleicht hat sie ihn im „Baader-Meinhof-Komplex“ gesehen, in dem er Holger Meins spielte. Erceg lächelt zurück – zurückhaltend, fast schüchtern: „Die meisten Leute merken, dass ich hier dazugehöre, dass das meine Privatssphäre ist.“

Cappuccino in Prenzlauer Berg? Wenn die Passantin ihn in „Die fetten Jahre sind vorbei“ gesehen hat, dann hat sie vielleicht auch deshalb gelächelt. Darin spielte Erceg jemanden, der das Bürgertum erziehen will: Er bricht in Villen ein, verrückt Möbel und schreibt an die Wand: „Sie haben zu viel Geld.“ Jetzt wohnt er mit Frau und Kindern in der Nähe des schicken Helmholtzplatzes – schon seit Mitte der neunziger Jahre. Erceg ist also gemeinsam mit dem Kiez ziemlich bürgerlich geworden. Er lacht. Bürgerlich, das bedeute doch einfach „stabil im Leben und nicht, dass man Sehnsüchte und Ideale verloren hat“. Und außerdem gebe es auf dem Platz immer noch Leute – „Penner will ich jetzt nicht sagen“ –, die da morgens um acht ihr Bier trinken. Anwohner und Gastwirte versorgten sie mit Mangos und Sushi, erzählt Erceg. Er mag diese „Koexistenz, die den Helmi so attraktiv macht“. Wenn sich aber Väter auf dem Spielplatz mit den Biertrinkern anlegten und sogar prügelten, hält er sich raus. Seine „dunkle Seite“ lebt Erceg in Filmen aus – und das gründlich: Als Bankräuber und Mörder ist er ab nächster Woche in dem Film „Im Sog der Nacht“ im Kino zu sehen. Und bald dreht er in China einen deutschen Kinderfilm. Selbstverständlich als Bösewicht. Daniela Martens

Focaccia King, Danziger Str. 25, Prenzlauer Berg, Tel. 4050 5210, tägl. 8-22 Uhr

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