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Tykwer

© ddp

Dreharbeiten: Kugelhagel im Museum

Für die gestern gestarteten Dreharbeiten zu Tom Tykwers „The International“ wurde das Guggenheim-Museum nachgebaut. Das neue Werk soll ein Berlin-Film werden.

Schüsse krachen, Kugeln sirren, reißen hässliche Löcher in den makellos weißen Beton der Museumswände, schlagen klatschend in die Leinwände der Videoinstallation. Bewaffnete hüben wie drüben, die sich hinter die Brüstungen des berühmten spiralförmigen Aufgangs ducken, dort, wo sich sonst die Besucher dem Kunstgenuss hingeben. Diesmal freilich geht es nicht um das Schöne und Wahre, es geht um Leben und Tod.

Nein, solch eine Szene im originalen Guggenheim-Museum in New York zu drehen, ist schon aus konservatorischen Gründen nicht zulässig. Will Smith konnte zwar noch als „Man In Black“ einen Alien durchs Foyer des Kunsttempels von Frank Lloyd Wright jagen, aber die wilde Schießerei, wie sie sich Tom Tykwer für seinem neuen Film „The International“ dort vorstellt – unmöglich. Doch zum Glück gibt es Babelsberg, das traditionsreiche Studio vor den Toren Berlins, mit Leuten wie dem Szenenbildner Uli Hanisch, die bauen das schon nach.

Gestern war, nach einer Woche Drehen in Istanbul, Start in Babelsberg, Anlass zu einer Pressekonferenz auf dem Studiogelände, mit Tykwer, seinen beiden Stars Clive Owen und Armin Mueller-Stahl und einer Handvoll Produzenten, darunter Carl Woebcken, Vorstandsvorsitzender des Studios und Koproduzent des Thrillers – das übliche Vorspiel solcher Großproduktionen. Das wirklich Sensationelle aber, das hinterher, bei striktem Fotografierverbot zur Besichtigung freigegeben wurde, war der Guggenheim-Bau, seine Rotunde im Maßstab 1:1, der künftige Tatort für den geplanten Kugelhagel. Das macht einen Innenraum von 34 Metern Durchmesser, zu groß für übliche Studiomaße. Schon hatte man angefangen, in Deutschland nach Räumen zu suchen, in denen man solch einen Trumm aufbauen könnte, und dann fand man die Lösung nur wenige 100 Meter vom Studiogelände entfernt: den Ringlokschuppen in der Wetzlarer Straße, ein denkmalgeschütztes, gleichwohl baufälliges Gebäude, das erst halbwegs saniert und abgedichtet werden musste.Vier Rundgänge schraubt sich die Guggenheim-Spirale in die Höhe, in New York sind es fünfeinhalb. Nach dem Abdrehen der Szenen im oberen Teil wird daher noch einmal umgebaut für die im Erdgeschoss. Eine erstaunliche Leistung, auch Tykwer schwärmte von der Kunst der Set-Bauer. 16 Jahre habe man am Original gewerkelt, diesmal seien nur 16 Wochen Zeit gewesen.

Zu „The International“ liefen schon die Vorbereitungen, als Tykwer noch „Das Parfum“ drehte. Für den Regisseur ist es die erste Zusammenarbeit mit Sony/Columbia Pictures und damit die erste mit einem Hollywood-Studio. Clive Owen spielt einen Interpol-Agenten, der an der Seite einer New Yorker Staatsanwältin (Naomi Watts) einer korrupten, in die Finanzierung von Krieg und Terror verwickelten Bank auf der Spur ist. Es sei ein Film in der Tradition der großen Politthriller der siebziger Jahre, „French Connection“, „Marathon Man“ oder „Der Dialog“, sagte Tykwer. Wie damals gehe es darum, das aktuelle Lebensgefühl, „den Subtext der Gesellschaft“, miteinzufangen. Damals seien dies Watergate, die Ängste vor den Geheimdiensten, gewesen, diesmal sei es die Globalisierung im Spätkapitalismus, „global financing“.

Und dazu ist es ein Berlin-Film, jedenfalls überwiegend. 65 von 45 Drehtagen werden in Berlin stattfinden, wobei einige hier aufgenommene Szenen in Luxemburg spielen. Weitere Drehorte sind Istanbul, Mailand und auch New York. An Berlin begeistert Tykwer, dass so viele spektakuläre Orte neu entstanden seien, die man im Kino noch nie gesehen habe. Verraten wollte er von seinen Drehorten nichts – bis auf einen: den Hauptbahnhof, dieses „spektakuläre Ufo“, das hier gelandet sei.

Drehen wird er wieder weitgehend mit seiner alten Crew, die schon beim „Parfum“ und sogar bei „Lola rennt“ dabei war. Für ihn ist das notwendig: „Ich habe keine Stimme ohne mein Team.“ Und natürlich lobten er und besonders der Babelsberg-Chef den neuen Geldsegen durch den Deutschen Filmförderfonds. 5,8 Millionen Euro gab es diesmal. In Hollywood ein überzeugendes Argument.

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