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Fotograf Andreas Mühe: Arrangeur des Augenblicks

„Werde bloß nicht Fotograf“, riet ihm Jim Rakete. Andreas Mühe hielt sich nicht daran – und stellt seine Bilder nun in der Galerie Camera Work aus.

Sein Blick ist freundlich und aufmerksam, seine Stimme klingt ruhig. Und die Winterstiefel, in denen Andreas Mühe entspannt an einem großen Tisch in der Charlottenburger Galerie Camera Work sitzt, sind schwer und ausgesprochen praktisch. Angesichts dieses jungen Mannes mit dem sympathischen Lächeln fällt es schwer, an publicity-taugliche Attribute wie „Merkels Hausfotograf“ oder „Sohn des Schauspielers Ulrich Mühe“ zu denken. Vielmehr entsteht bald der Eindruck: Da möchte jemand, so gut es geht, er selbst sein. Und dazu ein guter Fotograf.

Schon im Alter von 15 Jahren hat Mühe gewusst, dass er diesen Beruf ergreifen will. „Damals spürte ich, dass ich mich über das Fotografieren selbst besser kennenlernen kann“, sagt der 30-Jährige. Auch deshalb habe er immer lieber hinter als vor der Kamera stehen wollen. Also macht Mühe zwei Schulpraktika in einem Berliner Fotolabor, nach der Schule eine zweijährige Ausbildung zum Fotolaboranten und arbeitet dann drei Jahre als Assistent für erfolgreiche Fotografen wie Ali Kepenek und Anatol Kotte.

Doch mit Anfang zwanzig hat er genug vom „dienen“, wie er es nennt. Da will er selbstständig sein und fängt an, Musiker für die Plattenindustrie zu porträtieren. Bald darauf fotografiert er auch Künstler aus anderen Sparten sowie erstmals Politiker. Ab 2004, als in Berlin mit Magazinen wie Vanity Fair und Park Avenue der Markt für Hochglanzprodukte boomt, macht er sich langsam auch in der Werbefotografie einen Namen. Unter anderem fotografiert er in dieser Zeit für einen großen Sportartikelhersteller den Fußballklub FC Magnet Mitte.

Geflissentlich ignoriert habe er, das erzählt Mühe mit einem Lächeln, dass Jim Rakete ihm eines Tages eindrücklich riet, „bloß nicht Fotograf zu werden“. Zum Glück, könne er heute sagen. Denn mittlerweile werden Mühes in weiten Räumlichkeiten akribisch inszenierte aber nie kalkuliert wirkende Porträts von Politikern wie Angela Merkel und George Bush oder von Schauspielern wie seiner Halbschwester Anna Maria Mühe regelmäßig in namhaften Magazinen und Zeitschriften abgedruckt. Eine von Mühes Mentor – dem Fotografen F. C. Gundlach – kuratierte Werkschau in der Galerie Camera Work, stellt nun ab kommendem Samstag erstmals 22 großformatige und rund 20 kleinere seiner Fotografien vor.

Dass er der Sohn eines berühmten Vaters, des 2007 verstorbenen Schauspielers Ulrich Mühe („Das Leben der anderen“) und der erfolgreichen Regisseurin und Theaterintendantin Annegret Hahn sei, habe ihm bei seiner Karriere weniger genützt als manche gern und schnell glauben mögen, sagt der in Pankow lebende Fotograf. „Natürlich hat es ab und an geholfen. Es wäre Unsinn, das zu leugnen. Doch viele Fotoredakteure wussten mit dem Nachnamen auf meinen Bewerbungsmappen nichts anzufangen, und das war gut so“, sagt Mühe. Und obwohl es am Anfang sehr schwer gewesen sei, als selbständiger Fotograf Fuß zu fassen, habe er seine Eltern nie gebeten, seine Stromrechnung zu bezahlen. „Auch wenn das Jahre waren, in denen ich eigentlich nur den Kitt aus dem Fensterrahmen zu essen hatte“, sagt er lakonisch.

Doch die einstigen Anfangsschwierigkeiten sind längst vorbei. Nach und nach gewinnt Mühe mit seiner diskreten Art, der Neigung zur akribisch genauen Vorbereitung seiner Sets und der strengen, nie distanzlosen Formsprache seiner Bilder das Vertrauen von Prominenten und Politikern. Unter anderem eben auch das der Kanzlerin. Sogar Merkels Privathaus in der Uckermark darf er als einziger Fotograf ablichten. Heute werden Mühes stets mit einer analogen Großbildkamera aufgenommenen Fotos wegen ihres besonderen Lichts und ihrer speziellen Mensch-Raum-Verhältnisse sogar mit den Gemälden von Edward Hopper oder Caspar David Friedrich verglichen. „Dabei kannte ich Hopper zunächst gar nicht, und ich eifere auch niemandem nach. Mir ist es wichtig, nur meiner eigenen Stimme zu folgen“, erklärt Mühe.

Und die führt ihn immer stärker zu den Geheimnissen und in die Stille der von Menschen geschaffenen Räume. Bisher hat er die auch meist mit Menschen fotografiert, doch er kann sich gut vorstellen, in zukünftigen Bildern auch mal vom „Verschwinden des Menschen“ zu erzählen.

23.1.-6.3. Di-Sa 11-18 Uhr. Galerie Camera Work. Kantstraße 149. Eintritt frei. Infos unter Tel. 310 07 73 und www.camerawork.de

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