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Feuerstein

© Mike Wolff

Herbert Feuerstein: Der Molllüstige

Herbert Feuerstein gibt sich heute ganz klassisch. Er tritt mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester auf und freut sich auf ein "aufregendes Experiment".

Ist schon auffällig, wie viele ältere Humoristen sich nach erfüllten Fernsehjahren später noch Geld als Klassikerklärer dazuverdienen müssen. Während Herbert Feuerstein und das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB) heute Abend im Radialsystem zweimal hintereinander ihr Programm "Die Molllust“ abfeuern, ist im Konzerthaus Kollege Dieter Hildebrandt samt den Philharmonischen Cellisten mit "Vorsicht Klassik!“ zugange.

Bei Herbert Feuerstein ist die Neigung zur klassischen Musik jedenfalls Schicksal. Er ist in der Mozart-Stadt Salzburg aufgewachsen, dort vor über 40 Jahren vom Mozarteum geflogen und konnte Wolferls langem Schatten trotz zahlloser Weltreisen nie entkommen. Und obwohl er Musik eine "Abstraktion“ nennt, die "keine Erklärung braucht“, moderiert er seit sechs Jahren Klassikkonzerte die Republik rauf und runter. 30 allein im vergangenen Mozart-Jahr.

"Wir wollen mit leicht zugänglichen Mitteln in die Tiefe gehen“

Seinen durch giftige Konzertverrisse ausgelösten Rausschmiss aus der Musikakademie trug Feuerstein übrigens mit Fassung und machte zügig erst Zeitungs- und dann Fernsehkarriere mit Stationen wie "Pardon“, "Mad“, „Pssst...“ und "Schmidteinander“. "Damals habe ich die Musik missverstanden“, sinniert Feuerstein über seine Zeit als zorniger Musikstudent und Kritiker, und das Zeug zum Vollblutmusiker habe er eh nie gehabt.

Was "Die Molllust“ für ein Abend wird? "Natürlich einer mit Moll-Qualitäten. "Ich bin fast sicher, dass der Titel von mir ist“, grinst Feuerstein. Das populäre Hitprogramm für Einsteiger ist es dagegen nicht. Das hat Dirigent Stefan Blunier zusammen mit dem RSB ausgewählt. "Wir wollen mit leicht zugänglichen Mitteln in die Tiefe gehen“, beschreibt Feuerstein das Gründeln in Smetanas "Moldau“, Griegs "Peer Gynt“, Sibelius’ "Finlandia“ oder Mussorgskis "Bilder einer Ausstellung“. Das Ganze sei ein aufregendes Experiment, verheißt Feuerstein. "Ich erzähle was zu Werk, Komponist, Zeit – und den Rest macht die Musik.“ Bei Franz Schuberts "Lindenbaum" kann es sogar zu Gesangseinlagen des Publikums kommen. "Aber nur vielleicht, sonst traut sich keiner her.“ Frack wird Feuerstein keinen tragen, "aber ich passe mich farblich dem Orchester an“.

"Ein Haydn-Spaß“

Anregen, neugierig machen, vermitteln – das ist Feuersteins Absicht. Er sieht sich als Klassikeinführer nicht in der Tradition des Meisters Loriot, sondern in der von Sir Peter Ustinov. Intelligent, umtriebig, improvisierfreudig und hochgebildet sei der gewesen, lobt Feuerstein. "ch selber bin auch so ein neugieriger Dilettant.“ Und Klassik sei die Musik, von der er komme und die er sein ganzes Leben lang sehr ernst genommen habe.

Auf das Doppelkonzert heute folgen im kommenden Jahr dann noch zwei weitere Abende mit "Wach mit Bach“ im März und "Ein Haydn-Spaß“ im Mai. Feuerstein gefällt’s. Er und seine Frau denken immer wieder darüber nach, von Brühl nach Berlin umzuziehen. Er sei weniger ein Mitte- als ein Ku’damm-Berliner, meint Feuerstein, und eher in dessen Seitenstraßen anzutreffen.

Apropos treffen: nach dem Heidenspaß mit Moderator und Musik ist in der Lounge des Radialsystems ab 22.45 Uhr "Meet the Artists“ angesagt. Davon wisse er ja gar nichts, sagt Feuerstein alarmiert. "Da laufen mir gleich molllüstige Schauer über den Rücken.“ Er sei ja alles andere als gesellig und wolle das lieber erst mal im Vertrag nachlesen.

"Die Molllust“ mit Herbert Feuerstein und dem RSB ist heute um 19.30 Uhr und um 21.30 Uhr im Radialsystem V am Ostbahnhof zu hören. Karten 20 und 25 Euro.

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