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© Progress

Kino: Die Panzerknacker sind zurück

Im Wendejahr war Frank Beyers "Der Bruch" eine gesamtdeutsche Sensation. Jetzt kommt die Komödie über einen historischen Einbruch in die Berliner Eisenbahnverkehrskasse erneut ins Kino.

Lubowitz, Einbrecher aus Überzeugung, ist nun doch geschnappt worden. Warum er nicht längst über alle Berge sei, fragt der Polizist. Darauf hat der alte Ganove eine ebenso simple wie einleuchtende Antwort: „Was soll ich da – ich bin Berliner.“ Ein Satz in der Krimikomödie „Der Bruch“, für den allein schon man Otto Sander lieben muss, ebenso Frank Beyer und Wolfgang Kohlhaase, Ersterer der Regisseur, Letzterer sein Drehbuchautor. Eine im Entstehungsjahr 1988 ungewöhnliche Konstellation, ein deutsch-deutsches Team ein Jahr vor der Wende: Sander und Götz George aus dem Westen, Rolf Hoppe, im Film der dritte im Einbrechertrio aus dem Osten, desgleichen Beyer und Kohlhaase, dazu die Defa als Produktionsfirma und Babelsberg als Drehort. Schon das sicherte dem „Bruch“ auf der Berlinale 1989 hohe Aufmerksamkeit, und wenngleich der Film auf dem Festival ohne Preis blieb, es auf der Pressekonferenz zum Eklat kam, als Sander sie angesichts zu dusseliger Fragen verärgert verließ – das Publikum liebte Beyers „Bruch“.

In diesen Tagen, ein Jahr nach Beyers Tod, kommt „Der Bruch“ erneut in die Kinos – diese cineastische Vorwegnahme der Wiedervereinigung, aber das hatte natürlich keiner geahnt. Beyer und Kohlhaase ging es zunächst einmal um die Vergangenheit: den Einbruch am 6. November 1951 in die Eisenbahnverkehrskasse der Reichsbahndirektion Berlin Unter den Linden/Ecke Charlottenstraße. Der Schränker Walter Pannewitz stieg mit seiner Bande ins Gebäude ein, meißelte sich von oben zum Tresor durch, schweißte ihn auf. Die Beute: 1,693 Millionen Ost- und 224 631 Westmark. Zwei Jahre später wurde Pannewitz gefasst. Das aufgestemmte Loch war noch bis vor wenigen Jahren zu besichtigen, dann wurde das Haus nach aufwendiger Sanierung Repräsentanz der italienischen Wirtschaft.

Mit den Fakten gingen Kohlhaase und Beyer frei um, verlegten auch die Handlung ins Jahr 1946. Der Autor war auf den Fall gestoßen, als er 1956 für den Film „Berlin Ecke Schönhauser“ Polizeiakten studierte: „Ich glaube, schon damals interessierte mich der Vorgang nicht als ein Rätselspiel, sondern mich interessierte die Begegnung alter, guter, gelernter Einbrecher mit ungelernten Polizisten, mit einer neuen Polizei.“Auch Beyer fand das soziale Umfeld spannender als die Panzerknackerei: „Für mich bestand der Reiz im Klima dieser Anfangsjahre. Wir hatten mal darüber geredet, ob man aus unseren eigenen Erlebnissen was machen sollte. Dann hatte Wolfgang seit langem diesen Fall im Kopf, immer mal weggelegt, nie gemacht und nie vergessen.“

Aber 1988 war es so weit, verband sich vermeintlich Heterogenes zum „Bruch“ – ein vorweggenommenes Zusammenwachsen von Ost und West, dem wir manche Dialogperle verdanken: „Wie verhält sich der Marxismus eigentlich zum deutschen Weihnachtslied?“ – „Abwartend.“

Ab heute in den Kinos Acud, Casablanca, Blow Up sowie am 15. November im Babylon Mitte.

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