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Update

Public Viewing: Leiden vor der Leinwand

Jetzt dürfen alle: Der Fußball-Weltverband Fifa erlaubte nun doch alle Fanfeste in Berlin – auch solche, die Eintritt nehmen. Vor allem beim Bundespressestrand ist man erleichtert.

Niemand wird zu Hause bleiben müssen, das steht nun endgültig fest. Wenn heute in einem Monat, am 11. Juni, die Fußball- Weltmeisterschaft in Südafrika angepfiffen wird, dann werden auch in Berlin wieder an allen Ecken der Stadt die Leinwände aufgestellt (siehe Kasten unten). Denn das sogenannte Public Viewing, das gemeinschaftliche Fußballgucken an öffentlichen Orten, in Biergärten und Kneipen, wird keineswegs verboten. Im Gegenteil. Der Fußball-Weltverband Fifa teilte am Montagnachmittag mit, dass in Deutschland bereits 1571 Lizenzen vergeben worden seien, 56 davon in Berlin. Am Abend wurde eine 57. vergeben und damit ein seit mehreren Wochen schwelender Streit beendet: Auch der Bundespressestrand am Hauptbahnhof erhielt gestern seine Genehmigung von der Fifa für die Übertragung der Spiele.

„Ich bin sehr erleichtert“, sagte Johanna Ismayr, Geschäftsführerin des Bundespressestrands, dem Tagesspiegel. „Um 16.45 Uhr habe ich die E-Mail erhalten, dass ich die Spiele ohne Auflagen zeigen darf.“ Die Fifa bestätigte, dass nun auch kommerzielle Anbieter in Berlin zugelassen werden. Ein Sprecher vermutete gegenüber der Deutschen Presse-Agentur „mögliche Missverständnisse“. Johanna Ismayr hatte sich auf eine Kraftprobe mit der Fifa eingelassen – und gewonnen. Während Veranstalter, die Fußballspiele ohne Eintrittsgelder und Sponsoren übertragen wollten, ohne Schwierigkeiten eine Lizenz erhalten hatten, war dies bei kommerziellen Anbietern in Berlin schwieriger gewesen. Ismayr hatte eine Absage mit Verweis auf die offizielle Fanmeile der Fifa erhalten, die nur wenige Hundert Meter entfernt liegt. Andere Großveranstalter hatten auch vier Wochen vor Beginn des Turniers noch keine Antwort bekommen, zum Beispiel die Kulturbrauerei. Diese plante, wie 2006 und 2008, die Spiele gegen drei Euro Eintritt zu übertragen. „Wir hoffen einfach, dass es sich klärt, denn sonst haben wir ein Problem“, hatte die stellvertretende Geschäftsführerin Claudia Lehmann am Nachmittag gesagt. Da es in den vergangenen Jahren kein Problem gewesen war, eine Lizenz zu bekommen, hatten viele bereits lange im Voraus geplant. „Die Leinwand ist seit dem letzten Jahr gebucht, das können wir unmöglich vier Wochen vor der WM absagen“, sagte Lehmann.

Einige Veranstalter hatten das Vorhaben eines Public Viewing von selbst zurückgezogen – so zum Beispiel die Modemesse Bread & Butter und das Strandbad Wannsee –, da ihnen im Vorfeld signalisiert worden war, dass kommerzielles Public Viewing schwierig durchsetzbar sein würde. Nach Einschätzung des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) könnten bundesweit bis zu 100 000 Gastronomen von dem Konflikt betroffen gewesen sein. Möglicherweise werden einige von ihnen ihre Pläne nun erneut überdenken.

Das hätten sie Johanna Ismayr zu verdanken, die sich von der Absage der Fifa nicht abschrecken ließ und sich rechtlichen Beistand holte. 2000 US Dollar muss sie nun für die Lizenz an die Fifa überweisen – im Vergleich zu den rund 75 000 Euro, die für Leinwandmiete, Sicherheitskräfte und Gema-Gebühren anfallen, kümmert sie dieser Betrag wenig. In der Kulturbrauerei rechnet man sogar mit Kosten bis zu 200 000 Euro. Ohne Eintritt sei das nicht refinanzierbar, sagte Claudia Lehmann. Schließlich gebe es auch so schon genügend Risiken: Die Übertragung von Fußballspielen rechne sich ohnehin erst ab dem Halbfinale. Und das auch nur, wenn die Deutschen gut abschneiden und das Wetter auch mitspielt. Erst dann kann auch Berlin wieder von einem neuen Sommermärchen träumen.

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