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Kino: Stummfilmfestival zeigt "Sinfonie der Großstadt" in U-Bahn

Zum Stummfilmfestival im Babylon Mitte wird auch die „Sinfonie der Großstadt“ von 1927 gezeigt: in der U-Bahn.

Dies sind die Wochen der Vuvuzelas, jener südafrikanischen Weiterentwicklung der Posaunen von Jericho. Tag für Tag, Abend für Abend rauben sie uns trötend die Ruhe, aber irgendwann ist auch damit Schluss. Alles, was folgt, wird dann garantiert als himmlische Ruhe empfunden, ja, gerade die lärmgeplagten Großstädter werden zu Orten und Veranstaltungen pilgern, bei denen es besonders ruhig zugeht. Ein Stummfilmfestival ist da goldrichtig, und so gesehen ist es doch verständlich, dass das erst in einem Monat im Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz geplante Festival schon gestern, in den Zeiten der Vuvuzelas, vorgestellt wurde.

Obwohl es im Stummfilm natürlich auch recht laut zugehen kann, der Orchestergraben des Babylon, 1929 noch als Stummfilmkino eröffnet, zeugt davon bis heute. Auch das Programm des Festivals wird musikalisch begleitet, die besten Stummfilmmusiker Europas werden anreisen, versprach Kurator Friedemann Beyer, der mit dem Festival „Il Cinema Ritravato“ in Bologna kooperierte. Dessen Direktor Gian Luca Farinelli träumte schon lange von solch einer Vernetzung.

Gleich der Eröffnungsfilm am 16. Juli schlägt den Bogen nach Italien: „Maciste All’Inferno“ (1925) von Guido Brignone, die „Urmutter aller Sandalenfilme“, wie Festivalpate Volker Schlöndorff den 95-minütigen Zweikampf zwischen dem Kraftmenschen Maciste und dem Teufel gestern pries. Federico Fellini sah den Film mit sechs Jahren, war schwer beeindruckt und offenbar nachhaltig. Auch Schlöndorff bekannte seine Leidenschaft für den Stummfilm, diese „Urform des Kinos“, die auch ihn geprägt habe. Seine „Urinspiration“ sei „Der Golem“ (1920) von Paul Wegener und Carl Boese gewesen. Selbstverständlich ist auch dieser Klassiker im Programm.

Zehn Tage dauert das Festival, schon das Eröffnungswochenende bietet neben „Maciste All’Inferno“ zwei weitere Höhepunkte: Ebenfalls am ersten Abend wird auf dem Rosa-Luxemburg-Platz bei freiem Eintritt die rekonstruierte, erstmals auf der vergangenen Berlinale aufgeführte Version von Fritz Langs „Metropolis“ gezeigt, allerdings nicht mit der Originalmusik von Gottfried Huppertz, sondern in einer elektronischen Neuvertonung von Raphael Marinneau. Am Sonnabend, 17. Juli, weitet sich das Festival sogar in die ganze Stadt aus, genauer gesagt in rund 1000 Waggons der U-Bahn. Dort, auf den über 3000 Monitoren des Berliner Fensters, wird ab 20 Uhr zweimal hintereinander der einstündige Dokumentarfilm „Berlin – die Sinfonie der Großstadt“ (1927) von Walter Ruttmann gezeigt. Das berühmte, nicht nur durch seine Schnitttechnik experimentelle Porträt der Metropole gibt es unmittelbar danach gleich noch einmal im Babylon, im Großen Saal und natürlich auf der dort noch immer existierenden, hinter der versenkbaren Hauptleinwand verborgenen Stummfilmleinwand. Bis zum 25. Juli werden auf dem Festival über 40 Stummfilme gezeigt, darunter Klassiker wie Eisensteins „Panzerkreuzer Potemkin“, Buster Keatons „Der General“, Robert Siodmaks „Menschen am Sonntag“, Georg Wilhelm Pabsts „Tagebuch einer Verlorenen“ mit Louise Brooks sowie seine „Freudlose Gasse“ mit Greta Garbo und Asta Nielsen. Und auch Kurt Bernhardts „Die Frau, nach der man sich sehnt“ von 1929 ist dabei – mit Marlene Dietrich, kurz bevor sie in „Der blauen Engel“ zum Weltstar wurde.

Programminformationen unter www.babylonberlin.de

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