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VW-Bulli: Ein Bett am Kornfeld

Ob in den Dünen der Nordsee oder in Frankreich am Strand: Berliner Unternehmen spezialisieren sich auf den Bulli-Verleih.

Die Idee riecht nach Meer, schmeckt nach Salz und klingt nach Freiheit: sich in einen Kleinbus setzen, die Karte aufschlagen und einfach losfahren. Und am nächsten Morgen in seinem Bus an einem Strand in Südfrankreich aufwachen. Oder vielleicht in Italien oder Spanien. Oder an der Nord- oder Ostsee.

Das größte Hindernis auf dem Weg zur Verwirklichung dieses Urlaubstraums ist, dass die meisten selbst keinen solchen Kleinbus besitzen, der zugleich Schlafzimmer, Küche und bei Regen Aufenthaltsraum für bis zu vier Personen sein kann. Längere Zeit gab es für Berliner nur die Möglichkeit, ganz auf der Retrowelle zu surfen und den Inbegriff eines Hippie-Sommers zu mieten: den VW-Bulli T2, den die „Classicdepot Oldtimer-Vermietung“ aus Moabit stilecht in orange und unter Namen wie „Flower Power“ oder „Woodstock“ anbietet. Allerdings zu Konditionen, die einen dreiwöchigen Bullitrip durch Südeuropa nur bedingt zu einer Sparreise werden lassen.

Etwas günstiger sieht es bei „BulliHoliday“ aus Friedrichshain und „Vanarama“ aus Pankow aus, die vielleicht keine schicken Oldtimer vermieten, aber deren Preismodelle einen längeren Urlaub eher möglich machen: Die einen bieten seit 2009 sechs Busse verschiedener Modelle an, die anderen vermieten seit diesem Sommer vier Busse des aktuellen VW-Modells T5. „Unsere Kunden bekommen damit einen Bus, der mit rund acht Litern Diesel auf 100 Kilometern nicht so viel schluckt, dass man den halben Urlaub an der Tankstelle verbringt“, sagt Nadin Beuthien von „Vanarama“ und lacht. Die 27-Jährige und ihr 33-jähriger Freund Denis Sauermann sind begeisterte Kite-Surfer und in seinem T5 schon an viele europäische Strände gefahren. Nachdem sie 2009 eine achtmonatige Weltreise unternommen und dabei Australien und Neuseeland mit einem gemieteten Kleinbus bereist hatten, wollten die abenteuerlustigen Weltenbummler auch anderen Paaren so einen unabhängigen Urlaub möglich machen.

Daher sind ihre innen in frischen Farben dekorierten Busse besonders für zwei Personen ausgerichtet: Es gibt auf kleinstem Raum eine große Schlaffläche, eine Mini-Küche mit Waschbecken, Kocher mit Grillaufsatz und Geschirr, zwei Campingstühle und einen Tisch und dazu noch jede Menge Stauraum. Damit auch Städtereisen möglich sind, verfügt jeder Bus über eine grüne Umweltplakette und ist wie auch bei den anderen Anbietern vollkaskoversichert. Seit einigen Wochen rollt das Geschäft bei „Vanarama“ auch dank des schönen Wetters nun so gut, dass die vier Bullis nur noch zum Tag des Mietwechsels in Berlin sind. „Neulich kam sogar extra ein Mann aus Brüssel, um einen Van abzuholen“, sagt Beuthien.

Dass es einen neuen Trend zum Bulli-Urlaub gibt, glaubt auch Johannes Kühnel von „BulliHoliday“ zu beobachten. Als er 2008 mit einigen Freunden einen praktischen, günstigen Kleinbus für den Urlaub mieten wollte, suchte er in Berlin vergebens. „So habe ich dann bald darauf erst neben-, dann hauptberuflich selbst mit der Vermietung begonnen“, sagt der studierte Wirtschaftsinformatiker. Seine sechs Busse sind in diesem Sommer ebenfalls fast ständig unterwegs, darunter Retromodelle wie der T3 mit Faltdach, aber auch echte „Arbeitstiere“ von Toyota. Und längst kontaktieren ihn nicht mehr nur junge Surfer und Festivalbesucher. „Zu uns kommen auch viele Kleinfamilien und Menschen zwischen 40 und 50. Sie kennen das Gefühl, in einem solchen Bus Urlaub zu machen, noch aus Kindheitstagen“, sagt der 28-Jährige. Das Praktische an dieser Art des Reisens sei vor allem, dass man überall leicht einen Stellplatz finden könne – von wildromantisch an kroatischen Stränden bis hin zu gediegen auf Parkplätzen mit Waschhäusern an der deutschen Nordseeküste.

Kühnel kann über den Erfolg seiner Idee also sehr froh sein und ist es auch – eigentlich. Denn seitdem er selbst vermietet, ist es mit dem eigenen Bulli-Urlaub erst mal vorbei. „Im Moment setze ich mich nur in einen der Busse, um ihn für den nächsten Kunden aufzutanken und dann wieder zurück ins Büro zu fahren“, sagt Kühnel mit einer Spur Wehmut. Ähnlich geht es auch dem „Vanarama“-Team: bis Oktober ist an eigenen Urlaub nicht zu denken. Dann aber wollen Beuthien und Sauermann endlich auch noch mal los – zum Kite-Surfen nach Sardinien. Mit dem Bus natürlich.

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