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Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik. 

© Wolfgang Kumm/dpa

Strafvereitelung im Amt: Hausverwalter und Anwalt der Rigaer Straße 94 zeigen Geisel und Slowik an

Bei den Krawallen in der Rigaer Straße wurden der Eigentümer-Anwalt und der Hausverwalter angegriffen - die Polizei half nicht. Nun stellen sie deshalb Strafanzeige.

Von Valerie Barsig

Wegen ihres Zögerns werden nun Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik ins Visier genommen: Wegen Strafvereitelung im Amt und Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung durch Unterlassung haben Hausverwalter Torsten Luschnat und Eigentümer-Anwalt Markus Bernau des teilbesetzten Hauses in der Rigaer Straße 94 Strafanzeige erstattet. Zuerst hatte das ARD-Magazins Kontraste und rbb24 Recherche berichtet. 

Anlass ist das Schutzersuchen der beiden Männer am 13. Juli gegenüber der Polizei nach Angriffen und Randalen von mutmaßlichen Bewohnern des Hauses. Als Luschnat und Bernau das Haus betreten wollten, um Hindernisse und Scherben zu entfernen, waren sie angegriffen worden - laut Anzeige, die auch dem Tagesspiegel vorliegt mit einer Eisenstange und Pfefferspray. Zehn bis zwölf Angreifer hätten die Männer außerdem mit Tritten drangsaliert

Daraufhin riefen die Angegriffenen die Polizei per Handy um Hilfe. Als die Beamten kaum eine Minute später anrückten, zogen sich die Angreifer in das Haus zurück. Die Polizisten verfolgten sie nicht in das Gebäude – wegen der Weisungslage. Slowik hatte im Juni 2019 verfügt, dass beim Eindringen in linke Szeneobjekte erst die Behördenleitung gefragt werden muss. Alternativ darf bei Verfolgung auf frischer Tat auch ein eigens dafür benannter Beamter des höheren Dienstes, also mit goldenen Sternen auf der Schulterklappe, entscheiden. Slowik hatte die Weisungen ihrer Vorgänger damit leicht entschärft: Die hatten eine kompletten Entscheidungsvorbehalt der Polizeiführung enthalten. 

Dennoch kritisierte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Mitte Juli scharf kritisiertEs werde beim Thema Linksextremismus in Berlin gekuscht, die Anweisung sei ein Freifahrtsschein für Linksextreme und würde die Kriminalitätsbekämpfung gefährden. Die von Slowik geforderten Amtswege würden viel zu lange dauern, hieß es.

Auch in der Anzeige von Luschnat und Bernau heißt es: "Sinngemäß teilte mir der Einsatzleiter mit, dass sie den Tätern zunächst nicht in das Objekt nachgeeilt sind, da sie vor betreten von linken Szeneobjekten aufgrund eines behördeninternen Entscheidungsvorbehaltes zunächst die Zustimmung der Behördenleitung benötigen würden.

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Der Behörde sei aber die "außerordentliche Gefahr, die von ihrem Unterlassen ausging, auch bewusst", so der Vorwurf - zumal man in ständigem Kontakt stand. Auch das schnelle Eintreffen der Beamten habe gezeigt, dass von der Polizei Gegenwehr erwartet wurde, als Luschnat und Bernau das Haus betreten wollten.

Geisel und Slowik äußerten sich zu den Vorwürfen

Geisel äußerte sich am Mittwoch auf einer Pressekonferenz zu den Vorwürfen. Sie seien "Unsinn", so der Innensenator. "Es stimmt schlicht nicht." 

Slowik sagte rbb24 zu dem konkreten Fall am 13. Juli: "Mein Kenntnisstand ist schlicht, weil da eine Stahltür war und das Eindringen unmöglich war." Die Polizei hätte einen Durchsuchungsbeschluss für das Haus gebraucht. "Wenn wir dann nicht ganz genau festlegen können, wo wir die Nacheile, also wo wir durchsuchen wollen", so Slowik, "wird uns kein Staatsanwalt in Berlin zumindest einen Durchsuchungsbeschluss geben." 

Ihr widerspricht Ralph Knispel von der Vereinigung Berliner Staatsanwälte: In dem konkreten Fall hätte es eine Gefahr im Verzug gegeben, eine Durchsuchung und das Betreten von Wohnungen wäre geboten gewesen. Um Straftäter auf frischer Tat festzustellen würde das Gesetz auch vorsehen, Räume gegen den Willen von Personen zu betreten. 

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