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Berliner Gastwirte haben in der Coronakrise schwere Verluste erlitten. Der Senat will ihnen im Sommer das Geschäft unter freiem Himmel erleichtern.

© imago images/Sabine Gudath

Straßen frei fürs Servieren: Friedrichshain-Kreuzberg bekommt drei Gastro-Meilen

Der Bezirk will drei Straßen an den Wochenenden komplett für den Autoverkehr sperren. Andere Bezirke halten wenig von der Idee.

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Friedrichshain-Kreuzberg macht Fortschritte auf dem Weg zum autofreien Bezirk: Weil sich von den 300 Wirten, die Tische und Stühle auf die Fahrbahnen stellen wollten, eine besondere Häufung von Anträgen in drei Zonen entfielen, sollen diese nun an Wochenenden für den Verkehr gesperrt werden: Die Dresdener Straße, ab Oranienplatz abwärts. Rund um den Boxhagener Platz. Sowie die Samariterstraße, zwischen Rigaer Straße und Frankfurter Allee.

Dies ist das Ergebnis des „Meldedialogs“, den der Bezirk Mitte Mai ausgerufen hatte. In der Bergmannstraße gab es nur vereinzelte Meldungen, weshalb dort keine Zone vorgesehen ist, wo das Aufstellen von „Tischen, Stühlen und Auslagen auf der Fahrbahn“ sowie die „temporäre Sperrung der Straße von Freitagmittag bis Sonntagabend für den motorisierten Individualverkehr“ erlaubt werden soll. Bei allen Einzelmeldungen will der Bezirk aber die Freigabe von Stellplätzen für Kneipentische prüfen. Der Senat hatte den Bezirken entsprechende Lockerungen zugestanden.

Nicht alle Bezirke ergreifen die neuen Freiheiten so beherzt. Pankows Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung Vollrad Kuhn (Grüne) „plädiert dafür, keine zusätzlichen Sondernutzungsgebühren zu erheben“ dort, wenn Wirte die Fläche von bereits genehmigter „Außengastronomie“ ausweiten.

Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) sagte: „Es fehlt nicht an Platz, nicht an Tischen, es fehlt an Kundschaft“. Noch sehe er „keine Notwendigkeit, auf die Straße zu gehen“. Er selbst helfe, indem er sich „heldenhaft durch alle Gaststätten im Bezirk durchfuttert“. Mittes Stadtrat für Stadtentwicklung Ephraim Gothe (SPD) will eine „intensive Nutzung“ der Bürgersteige zulassen. „Die Passierbarkeit für Rollstuhlfahrer muss aber unbedingt gewahrt bleiben“.

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Geteilte Meinungen in den Bezirken

„Ich halte nichts davon, Parkflächen für Stellflächen auszuweisen“, sagte Arne Herz (CDU),  Wirtschaftsstadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf. Auf Antrag würden aber jedem Gastronom Sondernutzungsgebühren auf Außenanlagen bis Ende des Jahres erlassen. Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD), sagte, sein Bezirk habe schon am 12. Mai erleichterte Regelungen für die Sondernutzung von öffentlichem Straßenland für die Gastronomie beschlossen. Und zur Unterstützung lokaler Gastronomie will die SPD auch Plätze, die gegenüber von Gaststätten liegen, für Selbstbedienungsangebote zur Verfügung zu stellen. Das können zum Beispiel der Ludwigkirchplatz, der Klausenerplatz, der Rüdesheimer Platz oder der Karl-August-Platz sein. Über die Anträge will die Bezirksverordnetenversammlung am Donnerstag entscheiden.

Ob Tempelhof-Schöneberg die Empfehlungen des Senats umsetzt, ist offen. Auf Nachfrage verweist das Büro der zuständigen Stadträtin für Bürgerdienste, Ordnungsamt, Straßen- und Grünflächenamt, Christiane Heiß (Grüne), auf die Sitzung des Bezirksamts an diesem Dienstag und auf Sitzungen der Fachabteilungen im Laufe dieser Woche. Kritisch sieht Lichtenbergs Verkehrsstadtrat Martin Schaefer (CDU) die Lockerungen bei der Außengastronomie: „Individuelle Sondernutzungen im größeren Umfang gehen zu Lasten der Allgemeinheit“. Der Bezirk werde aber „wohlwollend“ Anträge von Gastronomen prüfen.

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Um die Wirte zu unterstützen hat die Senatsumweltverwaltung in einem Schreiben die Bezirke dazu ermuntert, Stellflächen im Außenbereich – bei Bedarf sogar Parkplätze und Fahrbahnflächen in Nebenstraßen – unbürokratisch zu genehmigen und auf Sondernutzungsgebühren zu verzichten. Damit soll es den Wirten erleichtert werden, den Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen den Tischen einzuhalten.

Laut Hotel- und Gaststättenverband Berlin (Dehoga) gibt es viele Restaurants, die nicht öffnen, weil sie wegen der Abstandsregeln zu wenig Gäste bewirten können, um ihre Kosten zu decken. Nach einer aktuellen Umfrage des Dehoga-Bundesverbands gaben rund 80 Prozent der Berliner Gastronomen an, dass ihre Umsätze um mindestens 50 Prozent im Vergleich zu einer Maiwoche im Vorjahr gesunken sind. „Deshalb bewerten wir die Empfehlung des Senats an die Bezirke positiv“, sagte Gerrit Buchhorn, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Dehoga Berlin. Die Senatsverwaltung argumentiert in dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, dass es „mit Blick auf die wirtschaftlich besonders belastenden vergangenen Monate für die Berliner Gastronomen“ ein öffentliches Interesse daran gebe, Stellflächen zu erweitern.

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