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Berlin: Streit um Sportförderung: Der Senat will nicht mehr den Ausputzer spielen

Dem Senat steht ein Streit mit dem Landessportbund bevor. Denn die Koalition will sich von einem sportpolitischen Klotz am Bein befreien: Sie möchte nicht mehr finanziell haften, wenn irgendwo in Berlin eine Sportstätte aufgegeben wird.

Dem Senat steht ein Streit mit dem Landessportbund bevor. Denn die Koalition will sich von einem sportpolitischen Klotz am Bein befreien: Sie möchte nicht mehr finanziell haften, wenn irgendwo in Berlin eine Sportstätte aufgegeben wird. Für den Sport würden dann die alten Zeiten endgültig vorbei sein, in denen er beim Verlust einer Spielstätte gesetzlichen Anspruch auf eine neue hatte - auf Kosten des Steuerzahlers. Der Streit um die Capitals und den Abriss der Eissporthalle hat das Problem gerade beleuchtet.

Die Sportförderung solle nun "den Gegebenheiten nach der Wende angepasst werden", sagte der stellvertretende Senatssprecher Eduard Heußen gestern. In der Senatssportverwaltung gibt es bereits einen Entwurf, der das Land Berlin von der bisherigen "Ewigkeits-Klausel" bei den landeseigenen Sportflächen freistellen soll.

Sport wurde in Berlin besonders stark gefördert und hatte seine besonderen Rechte. Die Regelungen, die auf die Mauerzeit und die begrenzten Möglichkeiten im alten West-Berlin abgestellt waren, müssten aber angepasst werden, sagte Heußen zum Tagesspiegel. Er verwies auf eine Verabredung in der Haushaltsrunde des Senats. Dort geht es ums Geld. Und das Geld - das der Senat nicht hat - ist auch das wahre Problem bei der Sportförderung. Schon die Proteste der Capitals und des Landesportbunds gegen den geplanten Abriss der landeseigenen Eissporthalle zielten darauf, dass der Senat eine Ersatzpflicht gegenüber den Eishockeyspielern habe. Tatsächlich hat eine solche Ersatz-Haftung früher auch im Sportförderungsgesetz gestanden. 1998 ist sie allerdings gestrichen worden.

Seitdem dürfen Sporflächen auf landeseigenen Grundstücken aufgegeben werden, wenn "das öffentliche Interesse an einer anderen Nutzung überwiegt und das Abgeordnetenhaus dem zustimmt". Allerdings hatte die Sportlobby bei der Änderung des Gesetzes noch eine Ausnahmebestimmung durchgesetzt, einen komplizierten Satz: "Flächen, die tatsächlich sportlich genutzt werden, kommen (für eine Aufgabe) nur in Betracht, wenn der Sportbetrieb dadurch nicht beeinträchtigt wird." Im Klartext: Eine Sportstätte darf nur gestrichen werden, wenn die Sportler ohne Probleme an anderer Stelle weitermachen können. Da der Senat meint, dass die Capitals das können, sieht er ihrer Klage nun angeblich gelassen entgegen.

Um das Problem auf Dauer zu bereinigen, hat die Sportverwaltung aber einen internen Entwurf gefertigt, der auch die Ausnahme-Formulierung im Sportförderungsgesetz streichen soll. Die Politik wäre dann nicht mehr bedingungslos an den Sport gebunden.

Ein aktuelles Beispiel sind die Sportschützen in Adlershof. Die Adlershofer Füchse, Berlins größter Schützenverein, schießt hier auf landeseigenem Boden in einer alten Stasi-Kaserne. Seit Jahren sucht der Senat ein Ersatzgrundstück, weil die Schießanlage dem Biologie-Institut der Humboldt-Universität weichen soll. Für den Abriss will der Senat 1,5 Millionen Mark "Konversionsmittel" der EU in Anspruch nehmen. Die Frist dafür läuft in diesem Winter ab.

Ersatz gibt es aber immer noch nicht. Und das hat finanzielle Gründe. Niemand will die acht Millionen für eine neue Halle ausgeben, und eine alte hat sich in der Stadt bisher nicht gefunden. Noch im Juni hatte Staatssekretär Thomas Härtel vor dem Hauptausschuss des Parlaments erklärt, nach dem Sportförderungsgesetz sei der Senat zwingend zu einem Ersatz verpflichtet. Den Haushaltsexperten der Fraktionen waren damals aber selbst die 7,8 Millionen zu viel, die der Rechnungshof noch als akzeptabel bezeichnet hat. Einig waren sich aber alle, dass eine Entscheidung wegen der EU-Mittel bis November fallen müsse. Und was wird, wenn der Senat sich bis November nicht mit den Schützen auf einen Abzug einigt? "Dann bleiben die eben da", sagt ein Fachmann. So sieht das Sportförderungsgesetz zurzeit eben aus.

Gegen eine Änderung kündigte der Landessportbund gestern "erbitterten Widerstand" an. "Die nächste Wahl kommt bestimmt", lautet die Warnung an Schul- und Sportsenator Klaus Böger.

Hans Toeppen

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