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Berlin: Strieder fürchtet rebellische Genossen

Vor der SPD-Fraktionsklausur liegt der Landeschef wegen des Sparkurses im Clinch mit Sarrazin

Von Brigitte Grunert

Unter dem Motto „Perspektiven für die Hauptstadt“ verbirgt sich Diskussionsstoff mit Brisanz. Die Überschrift könnte auch lauten: Sparen wofür? Oder: Sparen, um gestalten zu können. In ihrer dreitägigen Jahresklausur, zu der die SPD-Fraktion des Abgeordnetenhauses am heutigen Freitag nach Cottbus fährt, soll über das Wo und Wie des Sparens geredet werden. Wie behält man trotz der schweren Finanznot Geld für Bildung, Wissenschaft und Jugendpolitik übrig, ohne den Sparkurs in Frage zu stellen? Wie reagiert man auf Unmut der Bürger? Die Abgeordneten sollen jedoch dem Finanzsenator nicht in den Arm fallen. „Es geht um eine Vertiefung der Debatte, nicht um spektakuläre Beschlüsse“, sagt Fraktionssprecher Hans-Peter Stadtmüller.

Dabei schwelt im Hintergrund die Machtfrage, welchen Einfluss der SPD-Chef (und Stadtentwicklungssenator) hat. Peter Strieder liegt über mehrere Fragen mit Thilo Sarrazin im Clinch und macht den Eindruck, als zucke er vor konsequenten Schritten zurück. Das zeigt sich besonders im Sarrazin-Strieder-Streit um eine harte oder weiche Linie beim Abbau der Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau. Doch auch der Senatsbeschluss für BVG-Fahrpreiserhöhungen oder die in Aussicht gestellte Erhöhung der Kita-Gebühren sind nicht nach Strieders Geschmack.

Andererseits steht er mit seinem Plädoyer für eine drastische Erhöhung der Parkvignetten für Anwohner bei den Autofahrern als Abzocker da. In diesem Punkt hat er zwar allen Rückhalt in der Koalition, aber bei sozialen Einschnitten hat Strieder offenbar Sorge, dass die SPD oder die PDS oder beide rebellisch werden. Die PDS könnte aus sozialem Unmut leicht Wasser auf ihre Mühlen leiten.

Der einzige spektakuläre „Tendenzbeschluss“ ist am Ende der Klausur zum Thema Anschlussförderung zu erwarten. Bis dahin soll die Kuh vom Eis sein. Klar ist allen, dass sich Berlin die teure Anschlussförderung nicht mehr leisten kann. Strieder befürchtet aber bei der harten Sarrazin-Linie Insolvenzen und Mietsprünge. Er hat allerdings keine Chance mit seiner Idee, dies durch Verträge mit den Wohnungsunternehmen zu verhindern. Doch ein Kompromiss scheint darauf hinauszulaufen, dass Sarrazin „ein paar Millionen“ für Miet- und Umzugshilfen locker macht, wie es in der Umgebung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit heißt, also zur sozialen Abfederung.

Das zweite Hauptthema steht zuerst auf der Tagesordnung: die geplante Fusion von Berlin und Brandenburg. Als Gäste werden dazu heute Ministerpräsident Matthias Platzeck und SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch erwartet. Was sie zu sagen haben, wird mit Spannung erwartet; auf den Zungenschlag kommt es an. Senatoren berichten über den Stand der Zusammenarbeit beider Länder. Motto: Von der Kooperation zur Fusion. „Während andere mehr oder weniger deutlich von der Fahne der Fusion gehen, wollen wir das Eisen schmieden“, heißt es. Doch müsse sichtbar mehr dafür getan und geworben werden. Die Fraktion will ihr Festhalten am Fusionsfahrplan per Beschluss untermauern – Volksabstimmung 2006, das neue Land 2009. Auch der Ort der Klausur im Brandenburgischen wurde bewusst gewählt, um das Anliegen symbolträchtig zu unterstreichen.

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