
© Kitty Kleist-Heinrich
Tarifkampf in Charité und Vivantes-Krankenhäusern: Pflegekräfte in Berlin streiken wohl ohne Notdienst-Vereinbarung
Kein Klinik-Essen, eingeschränkte Rettungsstellen, leere Kreißsäle? Tarifstreit zwischen in Verdi organisiertem Personal und Charité sowie Vivantes eskaliert.
Stand:
Keine Absprachen für Notdienste, womöglich leere Krankenhaus-Küchen und ständig Telefonate zwischen den Klinikspitzen, dem Senat und den Verdi-Verhandlern - der Tarifkampf zwischen der Gewerkschaft und Vivantes sowie Charité eskaliert.
Auch am Donnerstag einigten sich Verdi und die Vorstände der landeseigenen Krankenhäuser nicht auf eine Notdienstvereinbarung. In solchen Übereinkünften wird im Gesundheitswesen geregelt, welche Behandlungen trotz Streiks durchgeführt werden.
Wie berichtet will Verdi von Montag bis Mittwoch in den acht Vivantes-Kliniken und auf den drei Charité-Campussen streiken. Spätestens am Dienstag könnten so viele Pflegekräfte die Arbeit niederlegen, dass Stationen gesperrt werden. In den Vivantes-Tochterfirmen will zudem Reinigungs- und Küchenpersonal für höhere Löhne streiken.
Verdi: Auch im Streik halten wir Mindeststandard aufrecht
Nun teilte der Vivantes-Vorstand, dass im Klinikum Spandau die für Schlaganfall-Patienten ausgelegte neurologische Rettungsstelle, die sogenannte Stroke Unit, ab Montag bei der Feuerwehr abgemeldet werden müsse. Verdi habe zudem angekündigt, auch Covid-19-Stationen nicht vom Streik auszuschließen.
"Selbstverständlich wird die Stroke-Unit, also die Schlaganfall-Einheit von Vivantes, während des Streiks voll arbeiten können", sagte Verdi-Verhandler Tim Graumann auf Anfrage. "Wir halten zudem überall einen Mindeststandard aufrecht, auch wenn die Vivantes-Führung keine Notdienstvereinbarung mit uns abschließen sollte."
Vivantes sagt zwölf Tumor-Operationen im Urban-Krankenhaus ab
Neben der Stroke-Unit in Spandau sei das Urban-Krankenhaus in Kreuzberg betroffen, teilte der Vivantes-Vorstand mit, dort habe man zwölf Tumor-Operationen für nächste Woche abgesagt. Zudem gebe es in den Vivantes-Kreißsälen in Friedrichshain und Neukölln derzeit keinen Personalplan für die kommende Woche. Hunderte Patienten müssten, so eine Einschätzung, wohl auf andere Stationen verlegt, oder aber deren Termine verschoben werden.
Vivantes-Chef Johannes Danckert sagte am Donnerstag, er sei nach wie vor gesprächsbereit - und bitte Verdi, wieder zu konkreten Personalfragen zu verhandeln.
Die Streikenden fordern einen "Entlastungstarifvertrag", also verbindlich mehr Pflegekräfte auf den Stationen von Charité und Vivantes. Zudem soll das Reinigungs-, Transport- und Küchenpersonal in den Vivantes-Tochterfirmen den vollen Tariflohn des öffentlichen Dienstes (TVÖD) erhalten. Bislang bekommen viele der circa 2500 Beschäftigten dort Hunderte Euro weniger im Monat.
Im Mai hatte Verdi den Krankenhaus-Vorstände ein 100-Tage-Ultimatum gesetzt: Wenn sich die Gewerkschaft mit Vivantes und der Universitätsklinik bis 20. August nicht auf einen Entlastungstarifvertrag einigen sollte, werden die Pflegekräfte streiken.
Der Entlastungstarifvertrag macht, wie erwähnt, schätzungsweise zehn Prozent mehr Personal erforderlich – oder entsprechend weniger Patienten. Bleiben die Fallzahlen wie sie derzeit sind, bräuchten die Landeskliniken zusammen mindestens 1000 zusätzliche Pflegekräfte. Der von Verdi avisierte Tarif soll einen fixen, einklagbaren Belastungsausgleich enthalten.
Sowohl die Manager von Vivantes als auch die der Charité argumentieren: Ein Entlastungstarif - wie er seit Kurzem an der Hochschulklinik in Schleswig-Holstein gilt - hätte massive Folgen. Gebe es nicht ausreichend Pflegekräfte, müssten im Umkehrschluss also Betten gesperrt werden. Verdi widerspricht: Das Universitätskrankenhaus Kiel-Lübeck funktioniere ja noch.
- Charité Berlin
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Friedrichshain-Kreuzberg
- hier im Tagesspiegel
- Marzahn-Hellersdorf
- Mitte
- Neukölln
- Pankow
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: