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Techno in Tempelhof: Sommer der Liebe

Marusha und andere Techno-Veteranen laden zum „Berlin Summer Rave“ auf dem alten Flughafen Tempelhof. Am Samstag wird die ganze Nacht in den Hangars getanzt und gefeiert.

Seit Tagen schon ist sie aufgeregt. Dabei dürften Termine wie der an diesem Samstagabend nichts Besonderes mehr sein für Techno-Star Marusha. Etwas ist trotzdem anders, nicht nur des Heimvorteils wegen: Es ist Marushas erster großer Berlin-Auftritt seit langem. Und das im Jahr ihres 20. Bühnenjubiläums.

Die vergangenen Wochen und Monate verbrachte Marusha im Studio. Die DJane arbeitet an einem neuen Album, das Ende des Jahres erscheinen soll. Eine erste Single hat sie bereits fertig, den Titel will sie bis Samstag geheim halten. Denn dann will sie das Stück vorstellen, im großen Stil: beim ersten „Berlin Summer Rave“, der auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof stattfindet. Das Lied soll der Höhepunkt ihres Sets werden. Marktforschung nennt Marusha die Premiere: Sie will testen, wie der Titel beim Publikum ankommt. Da kann man schon mal aufgeregt sein.

Marusha, 43, ist nicht der einzige Techno-Veteran, der sich zu dem Festival in Tempelhof angesagt hat. Auch Altstar Westbam wird kommen. Zudem stehen Vertreter der jüngeren DJ-Generation auf dem Programm. So zum Beispiel Tobias David Lützenkirchen, der vor zwei Jahren mit „3 Tage wach“ so was wie eine inoffizielle Hauptstadt-Hymne herausgebracht hat. Auflegen werden auch Daniel Boon und Oliver Tatsch vom Berliner Musiklabel Ostfunk. Electro Ferris kommt sogar extra aus Hamburg angereist – der Rapper hat mittlerweile die Fronten gewechselt und sich einer härteren musikalischen Gangart verschrieben. Und wem dieses Line-up nicht genügt, der kann am nächsten Morgen ab sechs zur Aftershow-Party in den Tresor kommen, an der Köpenicker Straße in Mitte.

Veranstaltet wird das Techno-Festival von der Supermarkt-Kette Kaiser’s. Initiator Tobias Tuchlenski sagt, man habe „ein echt authentisches Berliner Event“ machen wollen, „in einer der großen authentischen Hallen der Stadt“. Dafür werden zwei Hangars in Tanzflächen verwandelt. Dass die Veranstaltung von einem großen Wirtschaftsunternehmen ins Leben gerufen worden ist, ist in der Szene nichts Ungewöhnliches. Auch die Loveparade wurde zwischenzeitlich von einer großen Tabakfirma gesponsort, später dann von einer Fitnesskette.

Überhaupt: die Loveparade. Marusha glaubt zwar nicht, dass der Summer Rave eine Ersatzveranstaltung für die Parade ist, die sei „nicht ersetzbar“. Und doch scheint das Interesse an der neuen Techno-Party auf eine Art Phantomschmerz zurückzuführen zu sein; es scheint die Sehnsucht nach einem Großereignis widerzuspiegeln, das im kollektiven Gedächtnis bleibt. 2006 fand der Umzug zum letzten Mal in Berlin statt. Seither gab es verschiedene Versuche, etwas Neues auf die Beine zu stellen. Die meisten blieben jedoch ohne Erfolg.

Für Marusha war der ungewöhnliche Veranstaltungsort einer von vielen Gründen für die Zusage. Und wenn sie von Tempelhof zu reden beginnt, wird sie nostalgisch. Von hier aus sei sie oft zum Auflegen ins Ausland geflogen. „Das war ein sehr gemütlicher Flughafen mit sehr gemütlichem Personal.“ Die Schließung bedauere sie „aus Eigennützigkeit“.

Auch nach 20 Jahren kann sich Marusha noch genau an ihren ersten Auftritt vor Publikum erinnern. 1990 war das, auf der Insel der Jugend in Treptow. 100 Mark Gage erhielt sie fürs Auflegen, der Veranstalter musste sogar noch draufzahlen, weil nur ein Gast kam. Nachhaltig traumatisiert hat sie dieses Erlebnis jedoch nicht. Ein Jahr später erschien ihre erste Platte, mit der Marusha zur First Lady der Techno-Szene wurde.

Ob es im kommenden Jahr zu einer zweiten Auflage des „Berlin Summer Rave“ kommt, hängt vom Erfolg der Veranstaltung ab. Vieles spricht dafür. Im Vorverkauf gingen fast 6000 Tickets weg, die Nachfrage aus dem Ausland war groß, sagen die Veranstalter. Sie rechnen mit etwa 10 000 Gästen. Auf der allerersten Loveparade waren es gerade mal 150. Und Marusha wäre beim nächsten Mal bestimmt auch wieder mit dabei.

Berlin Summer Rave, 12. Juni, Einlass ab 21 Uhr, Tickets kosten im Vorverkauf 15 Euro. Der Eintritt zur Aftershow-Party im Tresor kostet 5 Euro. Weitere Infos auf www.berlin-summer-rave.de

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