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Berlin: Teile und beherrsche

Ein halber ICE bleibt auf halber Strecke zurück.

Diese Ente war schnell unterwegs: Ein Doppel-ICE zwischen Berlin und Hamburg habe sich in voller Fahrt getrennt, hieß es am Freitag stundenlang auf vielen Kanälen. Es klang, als wäre der hintere Teil des Zuges bei einem Stopp irgendwie abgerissen und dann mit rund 100 Passagieren an Bord in den verschneiten Weiten der Prignitz stehen geblieben, während der vordere einfach weiterfuhr. Am Nachmittag sah sich die Bahn zu einer schriftlichen Richtigstellung unter der Überschrift „Keine Zugtrennung während der Fahrt“ veranlasst.

Tatsächlich hatte nach Auskunft eines Bahnsprechers der ICE 1616 am Morgen dem Lokführer eine technische Störung im hinteren Zugteil gemeldet und um 8.13 Uhr bei Neustadt/Dosse gestoppt. Der Fahrer sei nach hinten gegangen und habe sich entschieden, die beiden Teile zu entkoppeln. So konnte die Hälfte der Passagiere mit etwa 20 Minuten Verspätung weiter nach Hamburg fahren und musste sich nicht auch noch in den nachfolgenden IC von Dresden Richtung Westerland drängen. Der erreichte den Pannenort auf dem Nachbargleis kurz nach 9 Uhr, so dass die zurückgebliebenen Passagiere über Brücken umsteigen konnten. Der kaputte ICE-Teil sei von einer Diesellok zurück nach Berlin geschleppt worden, sagte ein Bahnsprecher und meinte hinzufügen zu müssen: „Zu keiner Zeit war irgendjemand in Gefahr.“

Tatsächlich wäre selbst eine Trennung während der Fahrt für die Passagiere ungefährlich: Die Zughälften sind nach Auskunft eines Ingenieurs beim Fahrgastverband Igeb an der Kupplung nicht nur mit Stahlhaken verbunden, sondern auch über Rohrmanschetten für die mit Druckluft betriebenen Bremsen. Bei Druckabfall würden die Bremsen automatisch anziehen und den Zug stoppen. Der hat außerdem noch weitere Bremssysteme.

Auch ein Auffahrunfall ist bei funktionierender Technik praktisch ausgeschlossen: Auf Hochgeschwindigkeitsstrecken wie der zwischen Berlin und Hamburg liegt zwischen den Schienen ein Kabel mit Sensoren, die laufend Daten wie Position und Tempo erfassen. Per Computer werden nachfolgende Züge von belegten Gleisabschnitten ferngehalten – notfalls ebenso automatisch, denn die Technik kann auch den Zug bremsen, falls es der Lokführer nicht tut. Stefan Jacobs

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