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Verkehrswende mit Farbe und Baustellenhüttchen?

© Doris Spiekermann-Klaas

Temporäre Radwege sind rechtswidrig: Die Gerichtsentscheidung ist ein Desaster für den Senat

Die Verkehrswende sollte das Herzstück der Koalition werden, Pop-up-Radwege ihr erstes Zeichen. Jetzt läuft ihr die Zeit davon. Ein Kommentar.

Sie sollte – neben dem Mietendeckel – das Prestigeprojekt des rot-rot-grünen Senats werden. Das Herzstück eines Koalitionsvertrags, der unter dem Titel „Berlin gemeinsam gestalten“ steht: die Verkehrswende. Lange angekündigt, noch länger geplant, aber viel zu lange unsichtbar.

Erst durch die Corona-Pandemie kam sie endlich auf der Straße an, mit etwas Farbe und vereinzelten Baustellenbaken auf dem Asphalt. 17 temporäre Radwege schufen Verkehrsverwaltung und Bezirke in beachtlichem Tempo und wurden dafür bundesweit von Radaktivisten gefeiert.

Nun hat das Verwaltungsgericht acht Pop-up-Radwege im Eilverfahren für rechtswidrig erklärt, sie müssen wohl umgehend entfernt werden. Neun weitere Radwege sind von der Entscheidung nicht betroffen, weil sie nach Eingang der Klage geplant wurden. Auf die Feier folgt Katerstimmung.

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Zur Begründung heißt es, Radwege dürften nur angeordnet werden, wo es konkrete Hinweise auf Gefahren im Verkehr gebe. Zwar weiß jeder, der auf besagten Straßen schon mal geradelt ist, dass Gefahr dort allgegenwärtig ist. Nur machte sich die Verwaltung offenbar nicht die Mühe, die nachzuweisen, sondern verwies pauschal auf die Gefahren der neuartigen Lungenkrankheit. Die habe aber gar nichts mit dem Verkehr zu tun, urteilten die Richter.

Für die Verkehrsverwaltung und die grüne Verkehrssenatorin Regine Günther ist das ein Desaster. Die Akzeptanz für die radlastige Verkehrswende sinkt weiter, der Gerichtsbeschluss wird ihre Gegner nur noch lauter werden lassen. Und dem Senat läuft die Zeit davon, die Stadt doch noch zu gestalten.

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