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Berlin: Todesfahrer hat seinen Führerschein immer noch

Mit Tempo 100 raste er über die Kleiststraße. Zwei Frauen starben, als er einen Unfall baute. Doch für Polizei und Justiz ist es schwer, seine Lizenz einzuziehen

Drei Monate nach der Todesfahrt von Umut D. steht fest, wie schnell der 20-Jährige am Abend des 6. August über die Kleiststraße raste: „Mehr als doppelt so schnell wie erlaubt“, heißt es in einem Gutachten eines Sachverständigen. Umut D. trägt die Hauptschuld, ermittelte die Polizei. Ein etwas geringeres Tempo hätte den grausamen Unfall vermieden, heißt es im Gutachten. Wie berichtet, hatte der Mann mit über 100 km/h zunächst ein Taxi gerammt und war dann auf die Mittelinsel geschleudert. Zwei Frauen aus Nordrhein-Westfalen wurden dabei getötet.

Die Polizei hat vor einigen Tagen die Akten an die Justiz abgegeben, ein Prozesstermin steht noch nicht fest. Umut D. darf unterdessen weiter Auto fahren. Der Führerschein wurde ihm nicht abgenommen. Am Abend der Todesfahrt hatte Umut D. den Führerschein nicht dabei – also konnte die Polizei ihn auch nicht „zur Gefahrenabwehr“ wegnehmen. Und danach wäre ein richterlicher Beschluss notwendig gewesen – doch dieser wurde nicht einmal beantragt. „Ein unerhörter Vorgang“, kritisierte der CDU-Abgeordnete Ulrich Brinsa. Die CDU will den Fall jetzt im Justizausschuss prüfen lassen.

Bei der Polizei hieß es zur Begründung, das Verfahren hätte zu lange gedauert. Stattdessen habe man schnell ermittelt und die Akten – und die Verantwortung – schnell an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Bei der Justiz hieß es, es sei zudem nicht sicher gewesen, dass die Einziehung des Führerscheins gelungen wäre. Denn Alkohol hatte Umut D. nicht getrunken, bevor er seinen schwarzen Golf auf der bei jungen Rasern beliebten Rennstrecke beschleunigte. Bei Alkohol sind Polizei und Justiz strenger. Fahrlässige Tötung kann theoretisch nur mit einer Geldstrafe geahndet werden, auch ein befristeter Führerscheinentzug sei nicht zwingend als Strafe, erklärte Verkehrsrichter André Muhmood. Allerdings sei eine Tempoüberschreitung um das Doppelte ein deutliches Zeichen einer „verkehrsfeindlichen Gesinnung“, sagte Muhmood. In Paragraf 222 StGB steht es so: „Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Bei so viel Rücksichtslosigkeit wird Umut D. nicht mit einer Geldstrafe davonkommen. Doch an fünf Jahre Haft erinnern sich Verkehrsrichter nicht. Als härtestes Urteil gelten die zwei Jahre und neun Monate für Rico B.: Der 23-Jährige hatte Anfang März 2002 mit einem geliehenen BMW bei Blitzeis drei Kumpel in den Tod gefahren: Er hatte Alkohol und Kokain im Blut und fuhr ohne Führerschein.

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