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Berlin: Transporter mit zwölf Leichen gestohlen

Fahrzeug war am Stadtrand abgestellt und befindet sich jetzt vermutlich in Osteuropa.

Ein bislang beispielloser Diebstahl beschäftigt Polizei und Staatsanwaltschaft am östlichen Berliner Stadtrand. In Hoppegarten entwendeten unbekannte Täter schon in der Nacht zum Montag drei Kleintransporter, wobei sich in dem einen Fahrzeug zwölf Leichen befanden. Diese sollten in ein Krematorium gebracht und dort verbrannt werden.

Die Polizei vermutet, dass die Diebe nichts vom Inhalt des Frachtraumes gewusst hatten und diese sich auf den Weg nach Osteuropa gemacht haben. Äußerlich war das hellfarbige Fahrzeuge nicht als Bestattungswagen zu erkennen. Bislang fehlt von den Tätern jede Spur. Nach Polizeiangaben stammen acht Verstorbene aus Berlin und vier aus Brandenburg. Zusammen mit dem Transporter wurden in einem Gewerbegebiet zwei ähnliche Fahrzeuge gestohlen. Wie die Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder) am Nachmittag mitteilte, wurde ein Auto im polnischen Posen, fast 300 Kilometer östlich Berlins, entdeckt. Über den Verbleib der anderen Fahrzeuge und der Leichen sei noch nichts bekannt.

„So etwas hat es noch nie gegeben“, sagte der Obermeister der Bestattungsinnung Berlin-Brandenburg, Rüder Kußerow. „Es handelt sich nach unserer Erkenntnis bei dem gestohlenen Transporter um ein Auto eines Fahrdienstes, der im Auftrage mehrerer Bestattungsunternehmer unterwegs war. Allerdings darf so ein schreckliches Ereignis nicht passieren.“ Niemals dürfe ein Fahrzeug mit Leichen unbeobachtet bleiben und am Straßenrand abgestellt werden. Außerdem sei es in der Bestattungsinnung üblich, ein Fahrzeug höchstens mit vier Särgen zu beladen. „Beim Transport von gleich zwölf Leichen in einem Kleintransporter können gar keine Särge, sondern nur noch einfache Kisten benutzt werden“, sagte Kußerow. „Das ist kein würdevoller Umgang mit den Verstorbenen, sondern nur noch ein Preiskampf.“

Auch deshalb würden die Leichen zur Verbrennung heute quer durchs Land oder sogar bis ins benachbarte Tschechien gefahren. „Auf einer Tour werden die sterblichen Überreste befördert und auf der Rückfahrt die Urnen aus dem vorangegangenen Transport“, berichtete der Obermeister.

Wie Recherchen in Hoppegarten ergaben, sollten die jetzt gestohlenen Leichen im Krematorium Meißen, kurz vor Dresden, verbrannt werden. Alle Transporter waren zwar abgeschlossen. Aber das hindert die professionell arbeitenden Banden schon lange nicht mehr an einem Diebstahl.

Erfahrungsgemäß werden die Fahrzeuge – die Polizei schätzt den Gesamtschaden durch den Verlust der drei Transporter auf 85 000 Euro – sofort in Polen, in der Ukraine, in Weißrussland, im Baltikum oder Russland in ihre Einzelteile zerlegt und einzeln als Ersatzteile verkauft. Die Sonderkommission „Grenze“ der Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen und die entsprechenden Angaben ihren polnischen Kollegen übermittelt. Seit mehreren Monaten kämpfen bereits mehrere Hundertschaften der Brandenburger Polizei entlang der Grenze gegen Autodiebe, deren Zahl sich seit dem Wegfall der Kontrollen drastisch erhöht hat. Die Polizei hofft nun nicht zuletzt im Interesse der Hinterbliebenen auf eine rasche Aufklärung des Falls.

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