zum Hauptinhalt
Mit Mundschutz. Eine Demonstrantin bei einer Protestkundgebung gegen Heimstaden.

© imago images/Bildgehege

Vereinbarung zwischen Heimstaden, Bezirk und Senat: Konzern sichert zu, 20 Jahre lang Mietshäuser nicht in Eigentumswohnungen umzuwandeln

Die Mieterinitiative „Stop Heimstaden“ will dennoch weiterprotestieren. Sie fordern auch für Häuser ohne Milieuschutz Vereinbarungen.

Der schwedische Immobilienkonzern Heimstaden und Vertreter der Berliner Bezirke sowie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und der Senatsverwaltung für Finanzen haben am Freitag eine "umfassende Abwendungsvereinbarung" unterzeichnet, die "umfänglichen Schutz für Mieter*innen in 82 Häusern mit insgesamt mehr als 2200 Wohnungen" biete. Das teilte das Bezirksamt Neukölln am Freitagabend mit.

In der Vereinbarung mit den Bezirken verpflichtet sich laut Bezirksamt das Unternehmen Heimstaden unter anderem dazu, auf die Umwandlung der Mietshäuser in Eigentumswohnungen für die Dauer von 20 Jahren zu verzichten. Zudem sichert Heimstaden zu, möblierte Wohnungen mit befristeten Mietverträgen in reguläre Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit umzuwandeln.

Im Rahmen einer Härtefallregelung sollen Modernisierungskosten außerdem nur in einem Umfang auf die Mieter*innen umgelegt werden, welcher die Nettokaltmiete 30 Prozent des Haushaltseinkommens nicht übersteigt. Diese Zusagen gelten für 10 Jahre.

„Ein Paketkauf dieser Größe ist eine wahnsinnig schwierige Aufgabe für alle Beteiligten. Bezirke und Senatsverwaltungen sind geschlossen aufgetreten – das hat sich gelohnt. Allein in Neukölln können wir so 800 Wohnungen langfristig vor Umwandlung in Eigentumswohnungen schützen", so Jochen Biedermann, Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Soziales und Bürgerdienste in Neukölln: "Wer in Berlin kauft, darf die Rechnung nicht ohne die Mieter*innen machen. Das hat die Stadt erneut gezeigt.“

Und Vera Junker, Staatssekretärin der Senatsverwaltung für Finanzen meint: „ Damit ist sichergestellt, dass auch der neue Eigentümer den Schutz der Mieterinnen und Mieter und die Zusammensetzung bestehender Mieterstrukturen gewährleistet.“

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Heimstaden betont gerne, ein freundlicher Vermieter zu sein. Die Mieter-Initiative „Stop Heimstaden“ hat aber trotz der Einigung in den Verhandlungen zwischen Senat und Investor ihre Zweifel. „Wir messen Heimstaden daran, ob sie unsere Forderungen erfüllen“, sagt Luca Niefanger, Pressesprecher von „Stop Heimstaden“. Auf einen Kompromiss wolle man sich nicht einlassen.

Die Initiative fordert einen Umwandlungsschutz für 50 Jahre

Hauptbestandteil der Forderungen der Initiative ist ein Umwandlungsschutz für eine Dauer von 50 Jahren. Außerdem betrachtet „Stop Heimstaden“ den Mieterschutz, um den es in den Verhandlungen ging, insgesamt als nicht ausreichend, da er mit 78 Häusern nur knapp die Hälfte der Heimstaden-Immobilien beträfe – nämlich die in Milieuschutzgebieten.

Pressesprecher Luca Niefanger sagt dazu: „Wir fordern die Politik und Heimstaden auf, unsere Forderungen nach einem Schutz für alle Häuser zu erfüllen! Berlin gibt sich mit faulen Kompromissen nicht mehr zufrieden. Bei uns sind alle vertreten, vom Siemens-Bandarbeiter bis zur Studenten-WG.“

Bisher keine Gespräche zwischen Vermieter und Mietern

Eine Bewohnerin des Kaiserkorso 6 in Tempelhof, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, sagt: „Wir machen uns Sorgen, dass wir hier raus müssen“. In ihrer Hausgemeinschaft sind zwei Haushalte gegen Heimstaden engagiert. „Die anderen konnten wir nicht mobilisieren“, sagt die Mieterin. „Ich glaube, die sehen Heimstaden nicht als Bedrohung. Das sind teils ältere Leute, die schon lange hier wohnen und sich denken: Von dem vorigen Eigentümer haben wir nichts mitbekommen, dann wird das auch so bleiben.“

Herrchens Helfer. Ein Hund bei einer Protestkundgebung gegen den Verkauf von Häusern und Wohnungen in Neukölln.
Herrchens Helfer. Ein Hund bei einer Protestkundgebung gegen den Verkauf von Häusern und Wohnungen in Neukölln.

© imago images/Bildgehege

Nachdem bislang kein Gespräch zwischen Heimstaden und Mietern stattgefunden hat, was für „ein unangenehmes Gefühl“ bei Luca Niefanger sorge, kündigt das Unternehmen nun an, in einen Dialog mit der Mieter-Initiative treten zu wollen. Trotzdem versammelten sich Freitagnachmittag betroffene Mieterinnen und Mieter vor dem Heimstaden-Büro in der Friedrichstraße, um dort mit einer Skulptur aus Umzugskartons und auf einer „Wall of Shame“ gesammelten Botschaften der Betroffenen Mieter auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen.

Und eines steht fest: Das wird nicht der letzte Protest von „Stop Heimstaden“ gewesen sein.

Die Firma Heimstaden erwirbt in einem Paket insgesamt 130 Häuser in Berlin. 82 Objekte davon liegen in Milieuschutzgebieten in den Bezirken Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow, Charlottenburg-Wilmersdorf, Tempelhof-Schöneberg, Neukölln, Treptow-Köpenick, Spandau, Reinickendorf und Lichtenberg. In Milieuschutzgebieten haben die Bezirke ein Vorkaufsrecht, das mit einer Abwendungsvereinbarung abgewendet werden kann.

Marian Schuth

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false