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Alles im Griff. Der 30-jährige Hendrik Frobel ist jetzt Direktor der Bühne. Foto: MuTphoto

© Barbara Braun/ MuTphoto

Berlin: Typisch Chamäleon

Neue Show, neuer Chef: Mitte-Varieté wandelt sich

Seilspringen, ja! Das kennen wir von früher. Aber war damals nicht eine Kleinigkeit anders? Genau, wir haben ein Seil dazu genommen – und keinen lebenden Menschen. Aber das hier ist Varieté, Show, Zirkus, da gelten andere Regeln.

Zwei Akrobaten halten eine Frau an den Händen und den Füßen fest und lassen sie schwingen, während ein dritter lachend über ihren Körper springt. Und dann werfen sie die Frau einfach hinüber zu ihren Kollegen, das Spielchen beginnt von vorne. Die sieben Artisten gehören zu der australischen Kompanie „C!RCA“ aus Brisbane, die hier Auszüge aus ihrer Show „Wunderkammer“ präsentieren. Am Donnerstagabend hat die Show Premiere im Chamäleon in den Hackeschen Höfen.

„Wir wollten etwas entwickeln, was den Leuten nicht einfach nur gefällt“, sagt Yaron Lifschitz, der Künstlerische Leiter der Truppe, „sondern was sie herausfordert“. Und so soll die neue Show Elemente von Burlesque, Vaudeville und Varieté in sich aufnehmen und daraus neue Erzählformate entwickeln. Bisher war sie in Montreal zu sehen, jetzt kommt sie – „in neuer Fassung“, wie Yaron Lifschitz verspricht, nach Berlin.

Neue Erzählformate entwickeln – das passt gut zur Linie des neuen Chamäleon-Direktors Hendrik Frobel. „Ich will mit dem Haus neue Dinge ausprobieren und einen spannenden Weg beschreiten“, sagt er. Was das konkret heißt? Erstklassige Artistik soll dazu gehören, aber auch Erotik. Mehr verrät er nicht. Eine Nische will Frobel besetzen – und das ist auch nötig, denn in einer Stadt mit einem kulturellen Angebot wie Berlin geht jeder gnadenlos unter, der sich nicht abgrenzen und einzigartig machen kann. Gegenüber der direkten Konkurrenz wie Wintergarten und Friedrichstadtpalast setzt Frobel vor allem auf die Abschaffung der traditionellen Nummernrevue. Stattdessen sollen die Shows künftig durchinszeniert sein.

Der 30-jährige gebürtige Hannoveraner war Mitglied in einem Kinder- und Jugendzirkus und hat eine Ausbildung zum Hotelfachmann gemacht. Wie man Gastgeber ist, weiß er also. Später studierte er noch Betriebswirtschaft an der Cornell University New York und war Betriebsleiter im Sea Life in Berlin sowie Generaldirektor im Legoland in Duisburg. Jetzt will er alle diese Erfahrungen als Direktor des Chamäleon zusammenführen. Das Haus, das er übernimmt, steht im Moment gut da. Nach einer Insolvenz 2004 und einem Betreiberwechsel konnte die Chamäleon Theater GmbH zuletzt mit der Show „Soap“ eineinhalb Jahre lang Erfolge feiern. „Wunderkammer“ soll bis mindestens Ende dieses Jahres laufen, möglicherweise länger.

Auf der Bühne dreht inzwischen eine Artistin lasziv ihren Bauch – und lässt dabei zig Hula-Hoop-Reifen um die Hüfte kreisen. Ihre Kollegen werfen ihr immer noch einen über, schließlich balanciert sie fast zehn Reifen – und lässt sie in unterschiedlichen Abständen über ihren Körper wandern. Kein Vergleich zu früher. Den Mädchen damals hat ein Reifen ausgereicht. Aber dies hier ist schließlich Varieté. Udo Badelt

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