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Berlin: Überraschende Wende: S-Bahn will die Kleingruppenkarte retten

Die S-Bahn schnürt das vor zwei Wochen beschlossene Tarifpaket im Nahverkehr wieder auf: die Kleingruppenkarte solle nun doch erhalten bleiben, fordert das Unternehmen. "Der Kunde kennt die Karte", begründete Marketingchef Wilfried Kramer gestern seinen überraschenden Vorschlag.

Die S-Bahn schnürt das vor zwei Wochen beschlossene Tarifpaket im Nahverkehr wieder auf: die Kleingruppenkarte solle nun doch erhalten bleiben, fordert das Unternehmen. "Der Kunde kennt die Karte", begründete Marketingchef Wilfried Kramer gestern seinen überraschenden Vorschlag.

Die S-Bahn hat offenbar erst nach Abschluss des Tarifpaketes gemerkt, dass sie im Vorjahr 280 000 Exemplare der Kleingruppenkarte verkauft hatte. Da etwa 3 bis 3,5 Personen mit einer Kleingruppenkarte fahren, verliert das Unternehmen so bis zu einer Million Kunden, rechnete Kramer gestern vor. Die Berliner S-Bahn will nun bei den anderen Verkehrsunternehmen für diesen Rückzieher werben, um doch noch das Aus für die Kleingruppenkarte zum 1. August zu verhindern.

Mit dieser Karte können fünf Personen im Tarifgebiet AB einen Tag für 21 Mark fahren (ABC kostet 25 Mark). Damit ist die Kleingruppenkarte schon für nur drei Erwachsene billiger als drei Tageskarten. Marketingchef Kramer räumte gestern ein, dass sehr viele Betroffene der S-Bahn am Schalter oder per Brief mitgeteilt haben, was sie von der Abschaffung halten - nämlich gar nichts.

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Gar nichts halten hingegen die BVG und die Senatsverkehrsverwaltung von dem Rückzieher der S-Bahn. "Die Tariferhöhung war ein Kompromiss, es macht keinen Sinn ihn wieder von vorne zu diskutieren", sagte Strieders Sprecherin Reetz gestern. "Wir hätten die Kleingruppenkarte auch gerne beibehalten", betonte Reetz. "Da müssen viele Interessen unter einen Hut gebracht werden." Man habe die Abschaffung dieses Angebots aber akzeptiert, weil mit der Berlin-Card, der Freizeit-Karte und den billigen Schülermonatskarten sehr positive Neuerungen eingeführt worden sind.

Auch die BVG beharrt nicht auf der Kleingruppenkarte. 390 000 Stück davon hat die BVG im Jahr 2000 verkauft, weniger als ein Prozent aller Fahrscheine, sagte BVG-Sprecherin Barbara Mansfield gestern. Zum Vergleich: 21 Prozent der Kunden benutzten einen Einzelfahrschein, 11,6 Prozent eine Tageskarte.

Die Tageskarten machen am 1. August den heftigsten Preissprung nach oben. Derzeit kostet die Tageskarte für den Tarifbereich AB nur 8,70 Mark, für Touristen ein äußerst attraktives Angebot. Viel zu attraktiv hatten die Tarifexperten befunden. Seit dem Beginn der Verhandlungen hieß es, dass bei den Touristenkarten "Luft im Preis" ist. Mit diesem Argument war die Kleingruppenkarte dann ganz abgeschafft worden.

Preisbewusste Fahrgäste können von August bis November auch die "Welcome Card" benutzen. Die ist zwar eigentlich für Touristen gedacht, weil sie Ermäßigungen für Theater, Museen und anderes bietet. Mit der Welcome-Card können aber auch 72 Stunden lang Busse und Bahnen genutzt werden. Sie kostet derzeit 32 Mark im Tarifbereich ABC, der Preis wird bis zum Jahreswechsel stabil bleiben, da er mit der Berlin Tourismus Marketing GmbH vertraglich vereinbart worden ist. Da der Preis der Tageskarte am 1. August mit 12,40 Mark (ABC) bzw. 12 Mark (AB) weit überdurchschnittlich steigt, ist die Welcome-Card dann deutlich billiger als drei Tageskarten.

"Die Kunden müssen rechnen", sagte gestern der Marketing-Chef der S-Bahn. Da die Tarifstruktur sich zum 1. August erheblich ändert, wollen die Verkehrsbetriebe vorher für die neuen Angebote werben. "Eine Werbekampagne wie bei den Telefontarifen", kündigte Wilfried Kramer an.

Etwa 1,5 Prozent billiger wird der Nahverkehr mit der Umstellung auf den Euro zum Jahreswechsel. Denn die Europäische Union hatte festgelegt, dass die Umstellung keinesfalls für verkappte Preiserhöhungen benutzt werden darf. So kostet die Kurzstrecke ab 2002 statt 2,50 Mark nur 1,20 Euro - umgerechnet also 2,35 Mark.

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