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Berlin: Und abends mal wieder ins Florian

Eine West-Berliner Institution wurde 30.

Berlin hat viele gute Gastgeber, und manchmal scheint es, als seien die wichtigsten gar nicht bekannt. Ute Gilow und Gerti Hoffmann? Man muss eingeweiht sein ins alte West-Berlin, um hinter diesen Namen das „Florian“ zu erkennen, ein an sich unscheinbares Gasthaus in der Grolmanstraße 52. Die Wirtinnen haben ein doppeltes Kunststück geschafft: 30 Jahre lang mit einem Betrieb erfolgreich zu sein in der notorisch schnelllebigen Berliner Restaurantszene – und eine ebenso illustre wie treue Gästeschar an sich zu binden, Filmleute, Literaten, Architekten.

Viel war bei der Jubiläumsfeier am Sonnabend vom „Wohnzimmer“ die Rede, in das man immer wieder zurückkehre, um sich abzuseilen aus dem metropolitanen Gewimmel. Immer wieder wurde auch die „Paris Bar“ ins Gespräch gebracht: Dorthin gehe man, um gesehen zu werden, ins „Florian“, um seine Ruhe zu haben. Von der konnte diesmal keine Rede sein: Der Aufmarsch der Voll- und Semiprominenz nahm kein Ende. Wer es schaffte, sich durchs Gedränge zu winden, kam sich vor, als sei er in sämtlichen TV-Serien und vielen Filmen gleichzeitig gelandet. Das „Florian“ hat sich, seit dort kurz nach der Eröffnung erstmals Wim Wenders gesichtet wurde, zum Treffpunkt der Schauspieler und heimlichen Zentrum der Berlinale entwickelt.

Deshalb zählte Dieter Kosslick zu den ersten Gratulanten, setzte sich mit Hut und rotem Schal in die Ecke – und war schon wieder weg, als es richtig los ging. Im Gewimmel des Hab-ich-schon-mal-gesehen fielen Schauspieler wie Burghart Klaußner und Anna Stieblich auf, später bog Volker Schlöndorff um die Ecke, und Eleonore Weisgerber outete sich durch ein Gedicht als Intimkennerin des Restaurants: Immer nach vier Zeilen bog der Reim unweigerlich in die Worte „… im Florian“ ein, diesem Allheilmittel für alle Lebenslagen des Berliner Kulturmenschen. Das Gedicht, sagte sie, sei schon zum 25. Jubiläum angefertigt worden, aber auch jetzt noch tauglich – das ist Kontinuität.

Gerti Hofmann erzählte gern, wie alles angefangen hatte: Sie, Jurastudentin, kellnerte im „Gottlieb“, Chefin war die Hauswirtschafterin Ute Gilow. Man fand sich sympathisch, klärte mit einer Italienreise, ob eine Geschäftspartnerschaft sinnvoll sein könne, fand recht schnell geeignete Räume und kam vor allem mit der Küchenidee auf den Punkt: Bodenverbundene, süddeutsch-österreichisch inspirierte Hausfrauenküche mit vorsichtig dosierter Ambition. Es gibt Älteres in der Umgebung, den „Zwiebelfisch“, das „Diener“ und das „Terzo Mondo“, alle pflegen ihre ganz eigene Tradition. Doch die vertraute Aura des „Florian“ mit den beiden Gründerinnen hat sich als stärker erwiesen. Ute Gilow, langjährige Küchenchefin, hat sich aus der Küche zurückgezogen, am Stil hat sich nichts geändert. Änderungen? Zurzeit nicht vorgesehen. Bernd Matthies

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