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Urteil des Landesarbeitsgerichts: Gekündigt wegen einer Tüte Streusand

Ein Einzelhandelsunternehmen kündigte einen Filialleiter fristlos. Er soll zwei Mal Waren in geringem Wert entwendet haben. Das Landesarbeitsgericht hält die Entlassung für rechtens

Das Landesarbeitsgericht hat jetzt die Kündigung eines Filialleiters in einem Einzelhandelsunternehmen für rechtens erklärt. Der Mann, der seit 21 Jahren im Unternehmen beschäftigt war, stand im Verdacht, zwei Mal hintereinander Waren in geringem Wert aus dem Geschäft mitgenommen zu haben, ohne sie zu bezahlen. An einem Tag soll er eine Tüte Streusand entwendet haben, zwei Tage später dann verschiedene Waren im Wert von 12,02 Euro. Das Unternehmen kündigte dem Mann fristlos, ohne eine Abmahnung auszusprechen. Mit seinem Verhalten habe der Filialleiter das während seiner langjährigen Tätigkeit aufgebaute Vertrauen in seine Rechtschaffenheit endgültig zerstört, urteilten die Richter. Der geringe Wert spiele keine Rolle.

Das Arbeitsgericht beschäftigt sich immer wieder mit so genannten Verdachtskündigungen nach Bagatelldelikten. Bundesweite Schlagzeilen machte vor zwei Jahren der Fall der Berliner Kassiererin „Emmely“, die wegen zweier Pfandbons im Wert von 1,30 Euro nach mehr als 30-jähriger Betriebszugehörigkeit entlassen worden war. Das Bundesarbeitsgericht erklärte ihre Kündigung aber für unrechtmäßig. Im Wesentlichen lautete die Begründung damals, dass die Verkäuferin in ihrer langen Tätigkeit so einen großen Vertrauensvorschuss erarbeitet hatte, der nicht durch ein solch kleines Delikt aufgebraucht ist. Dieses Urteil bedeutete eine Abkehr von der damaligen Rechtsprechung, die grundsätzlich bei Bagatelldelikten eine Kündigung rechtfertigte. Beim Fall Emmely urteilte das Bundesarbeitsgericht, dass in jedem einzelnen Fall abgewogen werden muss, ob das Vertrauen zerstört ist. Sigrid Kneist

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