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Schon fertig: der Flüchtlingsgewahrsam am Flughafen Schönefeld.

© Sandra Dassler

Urteil zum Demonstrationsrecht: Mahnwache vor BER-Gefängnis geplant

Cottbuser Richter wollen am Mittwoch urteilen, ob auf dem Flughafengelände demonstriert werden darf. Die Flughafengesellschaft verbietet das.

Von Sandra Dassler

Schönefeld/Cottbus - Am Mittwoch wollen die Cottbuser Richter ihr Urteil sprechen. Vordergründig geht es darum, ob man demonstrieren und eine Mahnwache abhalten darf vor einem Gefängnis, das auf dem Schönefelder Airport, also dem Betriebsgelände der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg, steht.

Für den Berliner Jesuitenpater Christian Herwartz, der gegen das Demonstrationsverbot geklagt hat, geht es aber um viel mehr. „Es darf nicht sein, dass die Regierung hoheitliche Rechte wie den Freiheitsentzug an eine Flughafengesellschaft übergibt“, sagt er: „Dann entstehen Situationen wie auf Kuba, wo das schlimmste Gefängnis der USA steht. Oder wie gerade jetzt in Nordrhein-Westfalen, wo private Wachleute Flüchtlinge misshandelt haben sollen.“

Christian Herwartz, der seit Jahren mit Gleichgesinnten vor dem Abschiebegefängnis in Berlin-Köpenick demonstriert, kennt viele Flüchtlingsschicksale. Er findet es unannehmbar, dass Menschen, die nichts verbrochen haben, eingesperrt werden und hat von Anfang an gegen den Flughafengewahrsam in Schönefeld protestiert. Der wurde auf Betreiben des Bundes für den Flughafen BER gebaut – im Gegensatz zu diesem war er pünktlich fertig.

Allerdings handele es sich nicht um ein Gefängnis, sagt Ingo Decker. Er ist Sprecher im Innenministerium des Landes Brandenburgs, das die Einrichtung betreibt. „Wir nennen das: Unterkunft für Menschen im Flughafen-Asylverfahren“, sagt er. Es bedeutet, dass einreisende Flüchtlinge, die keine korrekten Papiere haben, nach Verlassen der Flugzeuge noch auf dem Airport interniert werden. Ihre Asylanträge müssen in zwei Tagen bearbeitet und nach einem Widerspruch in zwei Wochen entschieden werden. Danach werden sie abgeschoben oder dürfen einreisen. Dieses Schnellverfahren ist hoch umstritten und wird auch von vielen Sozialdemokraten abgelehnt. Allerdings habe die Bundes-SPD ihre Forderung nach seiner Abschaffung bei den Koalitionsverhandlungen 2013 nicht durchsetzen können, sagte der migrationspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rüdiger Veit, dem Tagesspiegel.

Da bisher nur wenige in Schönefeld und Tegel einreisende Asylbewerber ins Flughafenverfahren kommen, nutzt Brandenburg den Neubau derzeit für Flüchtlinge aus der überfüllten Aufnahmestelle Eisenhüttenstadt. „Die menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge ist derzeit wichtiger als die Frage, wo jemand ein Transparent hochhalten darf“, sagt Ministeriumssprecher Decker.

Sowohl das Land Brandenburg als auch das Land Berlin überlassen den Rechtsstreit um die Mahnwache deshalb der Flughafengesellschaft und die bleibt hart: „Das Gebäude zur Unterbringung der Flüchtlinge steht auf Betriebsgelände, auf dem nicht demonstriert werden darf“, sagt Flughafensprecher Ralf Kunkel.

Man darf gespannt sein, wie das Landgericht Cottbus morgen entscheidet und wie es sein Urteil begründet. Immerhin, sagt Christian Herwartz, habe der Bundesgerichtshof im Fall von Frankfurt (Main) geurteilt, dass auf Flughafenterminals generell demonstriert werden darf.

Der Jesuitenpater will auf jeden Fall mit Gleichgesinnten am 3. Oktober um 15 Uhr in Schönefeld protestieren – am liebsten vor dem Gewahrsam. Er wird auch die nächste Instanz anrufen, wenn das möglich ist und nötig wird.

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