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Berlin: Vattenfall holzt für Berlin

Vereinbarung zu Biomasse-Lieferung stößt auf Kritik

Der Energiekonzern Vattenfall will sich für seine ehrgeizigen Biomasse-Pläne möglichst bald den Segen des Senats holen. Am heutigen Mittwoch soll sich der Klimaschutzrat – ein externes Beratungsgremium für Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) – mit einer Vereinbarung befassen, die Vattenfall mit dem Land abschließen will. Nach Auskunft von Sprecher Hannes Hönemann soll das Papier in den nächsten Wochen unterschrieben werden. Es regelt die Qualitätskriterien für die riesigen Mengen Biomasse, die Vattenfall in seinen Berliner Kraftwerken künftig zu Strom und Fernwärme verheizen will. Der Konzern kalkuliert, dass er ab 2020 jährlich rund 1,3 Millionen Tonnen Holzschnitzel benötigt. Fachleute von Umweltverbänden sehen in dem Entwurf der Vereinbarung allerdings den Versuch, die Berliner Klimabilanz auf Kosten anderer zu schönen.

Im Kern soll die Vereinbarung sicherstellen, dass die aus aller Welt importierten Holzreste für die Berliner Kraftwerke nicht aus Raubbau gewonnen werden: Naturschutzgebiete sollen als Rohstoffquellen ebenso tabu sein wie Ökosysteme mit gefährdeten Arten, Grünland sowie Torfmoore und Feuchtgebiete, falls sie für die Biomassegewinnung trocken gelegt werden müssten. Außerem verpflichtet sich Vattenfall, faire Arbeitsbedingungen zu sichern und keine Korruption zu dulden. Als Belege sollen Siegel wie das FSC-Zertifikat dienen, das die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern sichert.

Ein seit langem mit der Materie befasster Umweltexperte sieht mehrere Kritikpunkte: So fehle in der Vereinbarung die Zusage, alles geerntete Holz durch Neupflanzungen zu ersetzen. Der Bezug auf die bereits geschlossene Klimaschutzvereinbarung zwischen Vattenfall und Land bedeute, „dass die CO2-Reduktion an der Landesgrenze halt macht“ – also in Berlin weniger CO2 verursacht wird, aber anderswo mehr. Die große Nachfrage von Vattenfall befördere die weltweite Nachfrage nach Holz – und damit die Entwaldung. Als problematisch gilt auch eine Ausnahmeklausel, die Vattenfall erlaubt, bei Liefermengen bis 10 000 Tonnen auf die strengen Kriterien zu verzichten: „Das ist der Freifahrtschein, sich über Teilmengen ein großes Gesamtvolumen zusammenzukaufen.“

Der Argwohn rührt auch daher, dass Vattenfall einen Großteil der Biomasse aus Liberia beschaffen will, einem der ärmsten Länder der Welt. Stefan Jacobs

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